Rezension

Fantastisch

Nackt über Berlin - Axel Ranisch

Nackt über Berlin
von Axel Ranisch

Bewertet mit 5 Sternen

Falls ihr "Tschick" gelesen habt, dann wird euch "Nackt über Berlin" sicher auch gefallen!

Zwei 17-jährige, die unterschiedlicher nicht sein könnten, sperren ihren Direktor in seiner eigenen Wohnung ein. Aus diesem anfänglichen Spaß wird aber langsam purer Ernst! Nebenbei kämpft Jannick auch noch mit seinen Gefühlen zu Tai &auch allgemein mit seiner Homosexualität.

Jannick ist ein Außenseiter - übergewichtig, steht auf klassische Musik &hat ein beeindruckendes, vielleicht sogar erschreckend detailreiches Wissen darüber. Freunde hat er nicht - außer Tai. Der ist spontan, abenteuerlustig, schräg &ein bisschen illegal unterwegs. Seine teils derbe, rotzige Sprache steht im Kontrast zu Jannick - stellenweise sehr lustig &auflockernd.

Die Geschichte hält aber auch noch die Gefangennahme von Jens bereit. Der ist ein ziemlich mieser Mensch mit arrogantem, überheblichem &unsensiblem Charakter. Durch Rückblicke werden Erlebnisse mit seiner Familie &der Schule - letzteres spielt eine zentrale Rolle, soll hier aber nicht näher ausgeführt werden, um nicht zu spoilern - näher geschildert. Im Zuge dessen kommen einige interessante Dinge ans Licht. Beim Lesen habe ich mich gefragt, ob er es verdient hat, sich in dieser Lage wiederzufinden - eingeschlossen, abgeschottet &hilflos. Aber nein, auf keinen Fall! Auch wenn es für ihn wohl eine Art Katharsis gewesen sein könnte, sollte niemand so etwas erleben.

Die Figuren machen während dieses Hochsommers entscheidende Entwicklungen durch. Vor allem Jannick steht nun mehr zu sich selbst &versteckt sich weniger, was mir sehr gut gefallen hat! Den Ernst hinter der Geschichte sollte man dennoch im Auge behalten &kritisch betrachten, auch wenn das Buch vorrangig unterhält &als leichte Lektüre dahinfließt. Hier gibt es durchaus mehr Interpretationsspielraum &Gesellschaftskritik, als man beim ersten Reinlesen vermutet!