Rezension

Faszinierend gegensätzlich, trotzdem etwas fad.

Sturmland - Die Reiter - Mats Wahl

Sturmland - Die Reiter
von Mats Wahl

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ich bin innerlich zwiegespalten: frische Dialoge kämpfen gegen langweilige Beschreibungen.

In fünfzig Jahren sieht das Leben in Schweden nicht sehr rosig aus: radioaktive Wildschweine machen Jagd auf Menschen, ein Bürgerkrieg ist ausgebrochen, die derzeitige Regierung überwacht ihre Bürger mit Drohnen und allerlei technischem Krimskrams. Schon im Kindesalter werden Schwedinnen und Schweden mit pädagogischen Beruhigungsmitteln gezähmt. Das Furchtbarste: es scheint, als könne man niemandem vertrauen; von zahlreichen Naturkatastrophen mal abgesehen.

Der erste Band der Reihe beschreibt das Leben des jungen Mädchens Elin, mit besonderem Augenmerk darauf, wie Gewalt, Gefahr, Angst, aber auch tief empfundene Liebe sie auf besondere Weise erwachsen werden lassen.

Mats Wahl, einer der bekanntesten Jugendbuchautoren Skandinaviens, hat eine sich mit der Zeit immer dichter und glaubwürdiger verstrickende Schreckensvision niedergeschrieben. Dabei lässt er den Leser die Welt selbst erfahren und versteift sich nicht auf allzu erklärende Beschreibungen.

Trotzdem empfinde ich gerade diese, also Beschreibungen, beziehungsweise alles, was nicht Dialog ist, als sehr fad.

Der Autor verzichtet ganz und gar auf innere Monologe, Gedanken, Emotionen. Der Schreibstil ist nicht einfach neutral, er ist gewissermaßen steril. Vermutlich soll auf diese Weise Objektivität gewahrt und die Dramatik und Trostlosigkeit des Lebens verdeutlicht werden. Bei vielen dystopischen Klassikern findet sich diese Methode wieder. 
Hier schafft es die Handlung an sich allerdings kaum, durch situationsabhängige Spannung zu überzeugen. Elin wird häufig von Polizisten oder Soldaten abgefangen oder aufgesucht und verhört. Nach einer Weile kann das ziemlich langweilen.
Außerdem wird auch, was natürlich an der Übersetzung liegen kann, kaum mit der Sprache gespielt; stattdessen ist diese mit ständigen Wiederholungen und kaum abwechslungsreichem Erzählen gespickt.

Zum Glück sind die Dialoge dafür umso dynamischer und frischer. So gekonnt umgesetzt, dass sie alles andere beinahe zur Gänze wiedergutmachen. Ich wünschte fast, Wahl hätte ein Theaterstück anstelle einer Romanreihe verfasst.

Die Figuren sind liebenswert, widersprüchlich und dadurch realistisch gestaltet. Dazu passt deren Alltag, den fortschrittliche Technologien ebenso prägen wie vorsintflutlich erscheinende Kämpfe zwischen Nachbarn, Tauschgeschäfte, Isolation von der Außenwelt. Ein wirklich interessantes Zusammenspiel von Gegensätzen.

Ich bin mir sicher, dass die Reihe, je weiter sie fortschreitet, an Dichte und Komplexität gewinnen kann. In jedem Fall sind die Weichen für eine faszinierende Gesamtgeschichte gestellt, auch wenn der erste Teil nicht unbedingt durch Hochspannung oder federleichter Lesbarkeit überzeugen konnte.