Rezension

Faszinierende Erzählung über Leben und Sterben auf einem Pesthof in Hamburg

Der Pesthof -

Der Pesthof
von Albrecht Sommerfeldt

Bewertet mit 5 Sternen

Buchmeinung zu Albrecht Sommerfeldt – Der Pesthof

„Der Pesthof“ ist ein historischer Kriminalroman von Albrecht Sommerfeldt, der 2022 independently published wurde.
 

Zum Autor:
Albrecht Sommerfeldt wurde 1974 in Hamburg geboren, die auch bis heute seine Heimat geblieben ist. Nach meinem Studium der Betriebswirtschaftslehre arbeitete er als Berater und Manager in der IT-Branche. Schon früh begann er unter verschiedenen Pseudonymen im Bereich der Phantastik zu schreiben. Geschichtsbegeisterung und seine Liebe zur Stadt Hamburg führten ihn schließlich 2020 zu seinem ersten historischen Kriminalroman „Von Huren, Bettlern und Glunterschratzen“.

Zum Inhalt:
Hamburg 1619

Der Hamburger Kaufmann Merten Overdiek leidet an Lepra, auch wenn man es ihm nicht ansieht. Er musste deshalb auf den Pesthof ziehen, eine Einrichtung für Schwerkranke aller Art. Nach einem mysteriösen Todesfall beginnt er zu ermitteln und nach einem weiteren Todesfall erhält er Unterstützung von der Pflegefrau Maria.

Meine Meinung:
Die Hauptfigur Merten Overdiek ist ein weitgereister und weltoffener Kaufmann. Er geht sehenden Auges durchs Leben und hat kaum Berührungsängste. Die Kombination von Pesthof und Tollhaus nutzt der Autor zur Beschreibung der Zustände im Gesundheitswesen und der nur ansatzweise vorhandenen sozialen Sicherungssysteme. Merten kann sich einen gewissen Luxus leisten, aber insbesondere im Tollhaus herrschen unsägliche Zustände. Einer der Insassen schreit seine Fantasien zur Entwicklung des dreißigjährigen Krieges und dem entstehenden Leid heraus. So ist der historische Rahmen deutlich abgebildet. Merten wirkt sympathisch und hat sich mit seiner Krankheit abgefunden, auch wenn er kaum körperliche Beeinträchtigungen verspürt. Als nach den Todesfällen keine offiziellen Ermittlungen eingeleitet werden, wird Merten aktiv. Er führt Gespräche mit anderen Insassen und Mitarbeitern und sein Verdacht verstärkt sich. Während Mertens Ermittlungen bekommt der Leser einen ungeschminkten Einblick auf das alltägliche Leben in dieser Zeit. Aber auch hier gibt es romantische Beziehungen. Der Kriminalfall kommt langsam in Fahrt und das Tempo erhöht sich kontinuierlich, bis sich die Ereignisse gegen Ende nahezu überschlagen. Die Auflösung ist vollständig und nachvollziehbar. Die Charakterisierung der meisten Figuren ist knapp aber hinreichend, einzig Merten wird sehr detailliert mit etlichen Grautönen gezeichnet.

Der Erzählstil ist meist sachlich kühl und so wirken die historischen Beschreibungen sehr realistisch. Dies wird durch wechselnde Perspektiven unterstützt, aber meist werden die Geschehnisse aus der Sicht Mertens beschrieben. Bei gefährlichen Situationen wird es gefühlsbetonter und intensiver. Der Spannungsbogen steht erst zum Ende hin im Mittelpunkt, aber für mich hatten die Nebenhandlungen einen starken Reiz.
 

Fazit:
Dieser historische Kriminalroman überzeugt vor allem durch die authentische Beschreibung der historischen und alltäglichen Zustände. Ohne zu langweilen sind unglaublich viele Informationen enthalten. Darunter leidet ein wenig die Spannung im Kriminalfall, der erst spät auf Touren kommt.

Trotzdem bewerte ich das Buch mit fünf von fünf Sternen (90 von 100 Punkten), weil mich das Buch zu jeder Zeit in seinen Bann gezogen hat. Selbstverständlich spreche ich eine Leseempfehlung aus.