Rezension

Fesselnde Geschichte über die Selbstfindung

Mut. Machen. Liebe -

Mut. Machen. Liebe
von Hansjörg Nessensohn

Mut. Machen. Liebe. hat mich durch den flüssigen Schreibstil ziemlich schnell abgeholt und auf eine fesselnde Reise geschickt. Das Buch konnte ich nach einigen Seiten erst wieder aus der Hand legen, als ich damit fertig war, was mir eine kurze Nacht beschert hat, aber das war es wert! Die Geschichte ging ziemlich abrupt los, als Paul schon längst auf seiner Wanderung durch Italien war und gerade Liz kennen lernte. Ich habe erstmal kurz gebraucht, um mich in dieser neuen Umgebung ohne viel Kennenlernen einzufinden, kam dann aber doch sehr schnell in die Geschichte rein und habe mich auch schnell mit den vielen Anglizismen und Begriffen aus der Jugendsprache angefreundet, die verwendet wurden. Ich bin zwar selbst jung, lese das aber meist nicht so gerne. Die Freundschaft, die sich zwischen Liz und Paul sehr schnell entwickelt hat, fand ich total schön, aber sie hätte ein bisschen mehr ausgebaut sein können. Das war eigentlich auch das hauptsächliche, was das Buch für mich nicht zu einem 5-Sterne-Werk gemacht hab, um damit mal direkt zu starten: Ich hätte mir mehr Hintergrundinfos über die Charaktere und das Setting gewünscht. Manches war zwar wichtig, da es erst im Handlungsverlauf aufgelöst wurde, aber vorneweg hätte ich ein bisschen mehr Input gebraucht, um mir die Charaktere besser vorstellen zu können.
Der Rest des Buches hat mir aber richtig gut gefallen! Paul braucht eine Pause und macht einen Selbstfindungstrip durch Italien, den er ziemlich schnell bereut, aber dann doch zu genießen lernt, als er die 80-jährige Liz trifft und sie seine Reisepartnerin wird. Es passiert alles ziemlich schnell, aber die tiefgründigen Gespräche zwischen Liz und Paul und die vielen Anregungen, die Liz ihm gibt, fand ich inspirierend und schön.
Der zweite Handlungsstrang ist eine Geschichte auf Köln 1957, in der es um Helmut und Enzo geht, die sich in einer Welt, in der Homosexualität eine Krankheit und strafbar ist, entgegen ihrer familiären Pflichten ineinander verlieben. Die Geschichte ist rasant und mitreißend, mit Höhen und Tiefen und ebenso eine Selbstfindungsreise, wie Paul sie heute zu ganz anderen Umständen erlebt. Dennoch gibt es viele Parallelen und mir hat es gut gefallen, wie die beiden Handlungsstränge miteinander verknüpft wurden. Aber auch hier musste ich mich kurz in den Schreibstil einfinden, der zunächst gar nicht nach "Ich erzähle dir eine Geschichte" klang. Spannend fand ich die historischen Hintergründe zur Homosexualität, über die ich bisher kaum etwas wusste. Das Ende war recht offen, was meinem Romantikerherz nicht ganz so gut gefallen hat, aber im Grunde bin ich zufrieden damit!
Fazit: Eine mitreißende Geschichte mit tiefen Gefühlen, die einen in zwei ganz unterschiedliche Welten mitnimmt und doch die gleiche Handlung hat. Aus der tollen Idee hätte man mit einem gemächlicheren Erzähltempo und etwas anderem Schreibstil vielleicht noch etwas mehr herausholen können, aber auch so konnte mich das Buch sehr überzeugen.