Rezension

Fesselnder Politthriller

Tribunal - André Georgi

Tribunal
von André Georgi

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Den Haag, 2005. Der Prozess gegen den serbischen Kriegsverbrecher Kovac geht in eine neue Runde. Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen wird Oreskovic zum Gerichtsgebäude gebracht. Der ehemalige Gefährte Kovacs will die Kronzeugenregelung für sich in Anspruch nehmen und gegen Kovac aussagen. Die Topermittlerin des Tribunals, Jasna Brandic, hat viele Monate darauf verwendet, Oreskovic zur Aussage zu überreden und nach Den Haag zu bringen. Doch dann kommt natürlich alles ganz anders. Es wird keine Aussage geben und die Chancen, Kovac jemals zu verurteilen, sinken rapide. Kein Wunder, dass Jasna nach dem nächsten Strohhalm greift und sich damit in tödliche Gefahr begibt. Sie reist nach Serbien, wo sie einen neuen Zeugen auftreiben will.

Meine Meinung:
André Georgi versteht es, fesselnd zu schreiben, hat er doch bereits zwanzig Drehbücher zu „Tatort“- und anderen Fernsehkrimis geschrieben. „Tribunal“ ist sein Debütroman, der mich von der ersten Seite an packen konnte. Der Schreibstil ist so eindringlich, man taucht förmlich zwischen die Protagonisten ein. Das Buch ist in vier Abschnitte geteilt, die an unterschiedlichen Schauplätzen spielen. Die einzelnen Abschnitte bestehen aus vielen kurzen Kapiteln mit ständig wechselnder Perspektive. Dadurch wird dem Leser ein umfassendes Bild vermittelt. Das ist wirklich klasse gemacht! Auch die Rückblicke und Vorausschauen haben mir gut gefallen. Dadurch wird das aktuelle Geschehen toll abgerundet.

Dass die wörtliche Rede ohne Anführungszeichen steht, macht das Lesen zwar mühsamer, aber wenn man sich konzentriert, geht es schon. Und durch die Konzentration rutscht man umso tiefer in die Geschichte hinein.

Das Prinzip des „show, don’t tell“ wurde wirklich sehr gut umgesetzt. Zum Beispiel ist die allgemeine Nervosität vor dem Prozesstag absolut greifbar. Ich musste mir fast einen Beruhigungstee kochen.

Dieser Politthriller ist Fiktion, lehnt sich aber an wahre Begebenheiten an, und die Geschichte hätte auch genau so passieren können. Dementsprechend realistisch habe ich viele Szenen empfunden, was manchmal, zum Beispiel bei Folterszenen, schon hart an der Grenze des Erträglichen war.

„Tribunal“ besticht durch eine dichte Atmosphäre, hohes Tempo und ansteigende Spannung. Dem Leser wird kaum eine Verschnaufpause gegönnt. So muss ein guter Thriller sein.

Viel zu schnell werden Gräueltaten aus dem Bewusstsein verdrängt. Daher finde ich es umso wichtiger, dass sie in solchen Romanen immer wieder aufgenommen werden und die Opfer nicht ganz in Vergessenheit geraten.