Rezension

Freundschaft zweier Frauen

Wilde Manöver -

Wilde Manöver
von Judith Keller

Bewertet mit 4 Sternen

Meine Meinung und Inhalt

"Eine Veränderung schien in ihr vorgegangen zu sein, seit wir vom Schwamendingerplatz losgegangen waren. Plötzlich schien sie zu verlangen, dass das, was wir taten, sich lohnte oder sich zumindest später irgendwann gelohnt haben würde. Auch ich bemerkte mit Schrecken, dass dieses Verlangen in mir wach geworden war. Vielleicht eine beginnende Sucht?" (ZITAT)

 

Große Veränderungen geschehen unbemerkt:

Furchtlos und mitreißend originell erzählt Judith Keller vom Ausbruch aus dem Bestehenden, der poetischen Weltverwandlung. Es ist ein wild funkelnder Roman von der Freundschaft zweier Frauen, die etwas Neues anfangen wollen.

Wie aber fängt man Neues an?

"Ein paar Leute löffelten im Café nebenan einen Coup Dänemark. Eine alte Frau untersuchte mit der Lupe einen Einkaufszettel. Ein alter Mann kam mit Möwenschritten über den Platz. Auf einer Bank saß ein anderer Mann mit einem riesigen Mexikanerhut und blickte unbewegt vor sich hin. Er sah aus, als hätte er noch viel vor. Da erst bemerkten wir, dass auch wir etwas vorhatten. Denn es gab ja kein Zurück. Das war so ein Gefühl, das wir hatten." (ZITAT)

Da ist etwas geschehen in einem Einkaufszentrum in der Nähe von Zürich. An einem lauen Sommerabend wird aus dem Parkhaus ein Lieferwagen entwendet, womöglich ein Drogengeschäft? Zwei junge Frauen, Vera und Peli, werden verdächtigt, doch das Verhör bringt kein Licht in die Sache, im Gegenteil: Eine Meerjungfrauenstatue im Pool, kreisförmig angeordnete Fahrräder auf den Zuggleisen, die Entführung eines Pferdes – es scheint, als hätten Vera und Peli eine ganze Reihe von Verbrechen begangen, eines unwahrscheinlicher als das andere. Die abenteuerliche Suche nach dem Zusammenhang beginnt, durch die Nacht und die Stadt, und mit ihr eine aberwitzige Erkundung unserer sich verflüchtigenden Gegenwart.

 

Rätselhafte Charaktere haben das Buch interessant gemacht, der Wunsch des "Ausbrechens" der beiden Frauen war authentisch und fesselnd.

Mich hat das Buch gut unterhalten können. Die Sprache ist klar und von einer schelmischen Ernsthaftigkeit geprägt.Die Autorin nutzt außerdem Mundart und Sprachwitz ganz hervorragend. Die Handlung entfaltet sich sich entlang eines Vernehmungsprotokolls, was das Lesen sehr interessant gestaltet hat.

 

1985 in Lachen in der Schweiz geboren, lebt in Zürich. Sie hat Literarisches Schreiben in Leipzig und Biel sowie Deutsch als Fremdsprache in Berlin und Bogotá studiert und war Redakteurin der Literaturzeitschrift EDIT. Für den Erzählungsband "Die Fragwürdigen" wurde Judith Keller mit Anerkennungspreisen von Stadt und Kanton Zürich ausgezeichnet.