Rezension

Geht unter die Haut

The Miseducation of Cameron Post - Emily M. Danforth

The Miseducation of Cameron Post
von emily m. danforth

Bewertet mit 4 Sternen

Cameron ist 12, als sie bei einer Übernachtung ihre beste Freundin küsst. Am nächsten Tag erhält sie die Nachricht, dass ihre Eltern tödlich verunglückt sind. Ihr erster Gedanke: Erleichterung, dass sie nichts von ihr und Irene erfahren werden.
Camerons religiös-konservativeTante Ruth übernimmt das Sorgerecht, ohne zu ahnen, dass ihre Nichte lieber Mädchen als Jungs mag. Cameron verheimlicht ihre Vorlieben, weil Homosexualität im ländlichen Montana Anfang der Neunziger Jahre als Krankheit gilt, die sie zu einer ausgestoßenen Sünderin machen würde.

Als Cam sich in eine neue Mitschülerin verliebt, fliegt sie auf und wird von ihrer Tante in eine ultrareligiöse Schule namens „God's Promise“ geschickt, um sie von ihrer Homosexualität zu „heilen“.

In Emily M. Danforths Roman geht es nicht nur ums erwachsen werden, sondern auch um das Finden einer eigenen sexuellen Identität in einer intoleranten Umgebung.
Die Autorin beschreibt vor allem zu Beginn die heißen Sommertage in Miles City, Montana, so atmosphärisch, dass man denkt, selbst dabei zu sein. Auch der Zeitgeist der 80ziger, 90ziger Jahre wird sehr gut in die Handlung mit eingebracht.

Der Charakter der Cameron gefiel mir sehr gut. Sie ist ein normaler Teenager, halt nur mit anderen sexuellen Vorlieben, die sie mit dem Leser entdeckt. Sie versucht, mit dem Verlust der Eltern klarzukommen, ist unsicher, schaut sich viele Filme an, klaut schon mal in Geschäften, raucht Marihuana und hängt mit Freunden in einem verlassenen Krankenhausgebäude herum, während sie heimlich in Coley verliebt ist und versucht, herauszufinden, was das eigentlich bedeutet. Die Gratwanderung, auf der sich Cameron befindet, wird sehr gut dargestellt.

Die Institution „God's Promise“ kam mir zunächst nicht so drastisch vor, wie ich vermutet hatte. Es wird versucht, die Jugendlichen in Gesprächen durch pseudowissenschaftliche psychologische Methoden zu „heilen“ und heterosexuell „umzupolen“. Ich hatte mir krassere Maßnahmen vorgestellt und fand „God's Promise“ recht zahm, bis Cameron nach einem schockierenden Vorfall einem Außenstehenden erzählt, wie sie sich fühlt, dass sie dazu gebracht wird, sich selbst zu verleugnen und zu hassen.

Die einzigen Mankos: Die Handlung zog sich meiner Meinung nach etwas. Das Ende des Buches ist so offen, wie es nur sein kann. Ich hätte mir noch einen kurzen Epilog gewünscht.

„The miseducation of Cameron Post“ macht nachdenklich und geht unter die Haut. Ein Plädoyer für Toleranz, dessen Handlung zwar vor 25 Jahren spielt, aber so aktuell wie eh und je ist. Ich frage mich, ob es in den konservativen, religiösen Familien in den USA nicht heute noch so zugeht und es Einrichtungen wie „God's Promise“ gibt....