Rezension

Großartig

Fight Club - Chuck Palahniuk

Fight Club
von Chuck Palahniuk

Bewertet mit 5 Sternen

Der namenlose Ich-Erzähler kann nicht schlafen. Stundenlang wälzt er sich nachts im Bett und findet keine Ruhe. Als er ärztliche Hilfe sucht, wird ihm empfohlen, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen, um Menschen mit richtigen Problemen zu sehen. Dort findet er endlich seine Ruhe. Die Leute stellen keine Fragen und er fühlt sich in den Armen von Big Bob geborgen. Dann erscheint Marla Singer, ein Faker genau wie er. Auch sie suhlt sich in dem Mitleid der anderen, ohne selber todkrank zu sein. Ab dem Zeitpunkt kann ihm auch die Selbsthilfegruppe nicht mehr helfen. Wie gerufen, tritt Tyler Durden auf den Plan, und die beiden gründen zusammen den ersten Fight Club. Das ist ein Keller in einer Bar, in welchem sich Mittelklässler treffen und prügeln. Die Schläge schaffen Erleichterung, und alles scheint wieder gut zu sein. Doch dann gerät alles außer Kontrolle, und der Erzähler kann noch nicht einmal mehr sich selber trauen.

"The first rule about fight club is you don't talk about fight club. The second rule about fight club is you don't talk about fight club." S. 50

Mist, direkt Regeln 1 und 2 gebrochen. Aber das hier muss sein. Ich habe schon sehr oft den gleichnamigen Film gesehen und liebe ihn. Demnächst wird es hier also auch einen Post über die Adapation geben, weil ich zwar beide Formen liebe, es aber doch ein paar Unterschiede gibt.

"I know this because Tyler knows this." S. 12

Fight Club ist düster, brutal und mitten ins Gesicht. Der Roman ist ein Aufschrei all derjenigen Menschen, die Tag für Tag arbeiten und dabei das Gefühl haben, nichts reißen zu können. Der Roman feiert genau diese Leute und zeigt, dass jeder wichtig sein kann. Niemand von ihnen wird einmal berühmt oder superreich; das heißt aber nicht, dass er sich minderwertig gegenüber seinem Boss oder anderen fühlen muss. Denn im Fight Club sind alle gleich.

"What you have to know is that Marla is still alive. Marla's philosophy of life, she told me, is that she can die at any moment. The tragedy of her life is that she doesn't." S. 108

Der Leser wird genauso wie der Erzähler in die Maschinerie des Fight Clubs und Project Mayhems eingefangen. Bald weiß man nicht mehr, was Traum und was Wirklichkeit ist oder welche Rolle der Erzähler in dem Ganzen spielt. Er ist unzuverlässig, verliert sich in manchen Geschichten und kann nicht linear erzählen. Man wird hin und her geworfen wie ein Tennisball und weiß am Ende gar nicht mehr, was man glauben soll.

"You are not a beautiful unique snowflake. You are the same decaying organic matter as everyone else, and we are all part of the same compost pile." S. 134

Das Buch lebt von wenigen Figuren: dem Erzähler, Tyler Durden und Marla Singer. Sie hauchen dem Buch so viel Leben ein, dass es gar nicht schlimm ist, dass die Space Monkeys namenlos und blass bleiben. Sie sind lediglich Zahnräder in dem großen System und bleiben unwichtig. Die Persönlichkeit de Erzählers reicht auch locker für mehrere Personen aus, so vielschichtig ist sie ;)

"As long as you're at fight club, you're not how much money you've got in the bank. You're not your job. You're not your family, and you're not who you tell yourself." S. 143

Sehr interessant fand ich das vom Autor verfasste Nachwort, welches 2005 verfasst worden ist und ein bisschen von der Rezeption des Romans erzählt. Angefangen hat die Erzählung als eine 7-seitige Kurzgeschichte, die Palahniuk für wenige Dollars weiterverkauft hat. Schnell wuchs allerdings sein Ruhm und damit auch die Nachahmer. Es gab tatsächliche Fight Clubs auf der ganzen Welt, Leute, die sich durch die Schlägereien befreien wollten. Ob es in der Realität auch so gut geklappt hat?

"You had a near life experience" S. 148

Wenn man, so wie ich, die Geschichte schon vom Film her kennt, gibt es nicht mehr allzu viele Überraschungen. Ich hatte aber auch den Eindruck, dass man beim Lesen sehr viel einfacher auf die Auflösung am Ende kommen kann. Es gibt viele Hinweise, die mal mehr, mal weniger eindeutig sind. In jedem Fall hat Palahniuk das alles wunderbar gelöst und sprachlich so einiges bewiesen, sei es mit mehreren Haikus oder den Parolen Tylers, die den Hass auf die Oberschicht schüren sollen.

"You have a class of young strong men and women, and they want cars and clothes they don't need. Generations have been working in jobs they hate, just so they can buy what they don't really need." S. 149

Fight Club ist so für mich ein Buch, das man wirklich gelesen haben sollte. Von meiner Seite aus gibt es absolut nichts daran auszusetzen. Vielleicht mag dem ein oder anderen die Sprache hin und wieder ein bisschen zu derb sein, ich fand sie aber der Atmosphäre des Buches sehr angemessen. Trocken, sarkastisch und böse.

"The people you're trying to step on, we're everyone you depend on. We're the people who do your laundry and cook your food and serve your dinner. We make your bed. We guard you while you're asleep. We drive the ambulances. We direct your call. We are cooks and taxi drivers and we know everything about you. We process your insurance claims and credit card charges. We control every part of your life. We are the middle children of history, raised by television to believe that someday we'll be millionaires and movie stars and rock stars, but we won't." S. 166

Wie man vielleicht gemerkt hat, habe ich so einige Zitate aus dem Buch übernommen. Am liebsten hätte ich das gesamte Buch abgeschrieben, weil die genialen Textstellen so zahlreich sind, dass man fast gar nicht mehr hinterher kommt. Von daher: Auf jeden Fall das Buch lesen, am besten sogar, bevor man den Film schaut, um sich ganz auf die verkorkste Gedankenwelt des Erzählers einlassen zu können.