Rezension

Großartiges Mosaik der arabischen Halbinsel und ein handbuch für Arabien

Meine Reise ins Übermorgenland - Nadine Pungs

Meine Reise ins Übermorgenland
von Nadine Pungs

Nadine Pungs entwirft in „Meine Reise ins Übermorgenland. Allein unterwegs von Jordanien bis nach Oman“ ein pittoreskes Kaleidoskop der arabischen Halbinsel, das sehr realistisch zeigt, wie der Orient heute wirklich ist.

Allein und mit Neugier im Gepäck erkundet die Reiseautorin die Arabische Halbinsel: von Jordanien über Kuwait, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Oman. Sie reitet mit Beduinen durch die Wüste, übernachtet in Zelten und Wolkenkratzern, spricht mit Gastarbeitern und Geflüchteten. Sie trifft einen Scheich und hat eine Audienz mit einer Prinzessin.

Die Autorin besucht Sehenswürdigkeiten, flaniert durch die Souqs in dere jeweiligen Stadt, macht Bekanntschaften und beschreibt in pittoresken Straßenszenen das Leben in den arabischen Ländern. Diese lesen sich sehr anschaulich. Zwischendurch baut sie immer wieder historische Erläuterungen zu den von ihr besuchten historischen Orten und Sehenswürdigkeiten ein. Sie lernt zahlreiche Leute auf der Straße, im Taxi oder im Hotel kennen. Dadurch erhält sie Einblicke in das Leben vor Ort.
Die Autorin beschreibt in den einzelnen Länderkapiteln immer zuerst die gesellschaftliche Situation des Landes, nennt Daten, Fakten und ordnet das jeweilige Land im Verhältnis zu den Nachbarstaaten ein.

Die Gastarbeiter-Problematik zieht sich durch die gesamte Erzählung und durch alle bereisten Länder, sie beschreibt die Situation der Ausländer. Die Gastarbeiter sind in den arabischen Ländern überall als Lohnsklaven Menschen vierter Klasse. Diese Thematik macht „Meine Reise ins Übermorgenland zu einem sehr politischen Buch.

In jedem der bereisten Länder erklärt die Autorin für dem Leser das politische Verhältnis zu seinen Nachbarländern und skizziert die historischen Entwicklungen, wie es im Laufe der Geschichte dazu kam. So ergibt sich für den Leser aus dem Puzzle mit der Zeit ein schlüssiges Gesamtbild des politischen Arabiens. Der historische Themenkomplex wird von der Autorin immer an den entsprechenden Stellen für den Leser klug eingeflochten, wenn es um geschichtsträchtige Orte bzw. die jeweilige Landesgeschichte geht, die auf die heutige Wirklichkeit hingewirkt haben.

Sie beschreibt eine schillernde und vielfältige Region mit interessanten Menschen, Orten, Geschichte und Problemen und ihrer raffinierten Küche in einem Vielvölkergebiet, wenn man die Expats hinzunimmt Sie zeigt dem Leser, was er vorher nicht wissen konnte,

Die Autorin hat viele nette Araber kennengelernt, die sich elegant zwischen Traditionsbewusstsein und Web 2.0-Moderne bewegen. Sie hat in Bahrain eine sehr junge Generation kennengelernt. Diese Generation ist es, welche die Zukunft Arabiens bauen wird. Eine Generation, die gar keinen Bock darauf hat, gestrige Traditionen zu übernehmen. Eine Generation, die sich ihrer Traditionen und Religion bewusst ist, die über das Internet global integriert ist und sich nicht abzuschottet, sondern selbstverständlich an der weltweiten Gegenwart partizipiert..

Nadine Pungs schreibt:
„Der Jahrhunderte lange Austausch von Wissenschaft, Kultur, Kleidung, Lebensmitteln - man denke nur an den Kaffee - von Wörtern und Ziffern, von Erkenntnissen und Philosophien, von Tulpen, Weihrauch und den vielen Alltagsgegenständen, zeigt, dass zwei sich diametral gegenüber stehende Blöcke wie Orient und Okzident historisch nicht belegbar sind. Orient und Okzident sind bloß Ideen. Fata Morganas.“

„Meine Reise ins Übermorgenland. Allein unterwegs von Jordanien bis Oman“ ist ein guter Einstieg, um sich über Arabien zu informieren, mit der Geschichte Arabiens, der Politischen Landkarte, den politischen und gesellschaftlichen Systemen, den verschiedenen Religionen und unterschiedlichen Richtungen des Islam, sowie der gesellschaftlichen Problematik der Gastarbeiter.

Dabei ist das Buch umso mehr eine zauberhafte Reiseerzählung, in der das reiseliterarische Talent der Autorin gerade in den Beschreibungen von Beobachtungen oder Straßenszenen zum Leuchten kommt.

Nadine Pungs schafft es mit ihrer poetischen Sprache, dass der Leser vom Reisefieber gepackt wird und am liebsten sofort auf ihren Spuren das heutige Arabien erkunden möchte. Eine ganz wundervolle Reiseerzählung, die sich auch als Vorbereitung für eine eigene Arabien-Reise hervorragend eignet.

Ich kann „Meine Reise ins Übermorgenland. Allein unterwegs von Jordanien bis Oman“ von Nadine Pungs allen Lesern von Reiseliteratur uneingeschränkt ans Herz legen.