Rezension

Gute Ansätze

Wolfsgrube - Anne Rößing

Wolfsgrube
von Anne Rößing

Bewertet mit 2.5 Sternen

Im hessischen Aubel gehen die Uhren anders und auch die Polizei tickt in einem anderen Takt. Als Bernd Brettschneider tot in seinem Haus aufgefunden wird, ist die Pistole in der Hand für die Dorfpolizisten Frank Schenk und Kollegen Manfred klar, Selbstmord. So sicher sind sie, dass sie gar keine Ermittlungen in Erwägung ziehen. Ist ja eh schon Zeit für die Mittagspause, denn die lässt sich Manfred nicht beschneiden.
Kurz danach wird auch noch die Leiche von Mai Brettschneider gefunden, erschlagen und in den Fluss geworfen, da wird es dem Leiter der Dienststelle zu bunt und er beordert Helen Schenk aus der Elternzeit zurück.
Helen Schenk ist mit Leib und Seele Polizistin und kämpft in Aubel gegen Windmühlenflügel. An häuslicher Gewalt ist grundsätzlich die Frau selber schuld, Zwangsprostitution ist nicht so schlimm, die Frauen wollen es ja nicht anders, aber Hauptsache der Vorgarten ist gepflegt. Diese Anschauungen und die lasche Arbeitsmoral ihrer Kollegen bringen sie zum Kochen.
Leider übertreibt die Autorin die Charakterzeichnung ihrer Figur. Die superschnelle und intelligente Helen lässt sich ausgerechnet nach Aubel versetzen und heiratet den nur mäßig ehrgeizigen Frank und dessen spießig-übergriffige Eltern gleich mit. Polizist Manfred denkt unentwegt nur an Pausen und wie er sie möglichst lange mit ausgiebigen Fress-und Trinkorgien überziehen kann. Der Vorgesetzte ist der übliche unangenehme Kotzbrocken. Kein Klischee wird ausgelassen.
Schade, denn der Plot ist gut und logisch aufgebaut, die Verlogenheit eines wohlanständigen Dorfes und seiner Bürger sind gut beobachtet und viel raffinierter gezeichnet als die Hauptpersonen, dabei merkt man das Potential der Autorin. Allerdings schwankt der Krimi zwischen einem lustigen Dorfkrimi und ihrem gesellschaftskritischen Anliegen und wird dann beiden Richtungen nicht gerecht.