Rezension

Gute Idee...

Die Stadt der Blinden - José Saramago

Die Stadt der Blinden
von Jose Saramago

Bewertet mit 3 Sternen

José Saramago (1922-2010) war ein portugiesischer Autor. 1998 wurde er mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Der Roman "Die Stadt der Blinden" erschien 1995.
In "Die Stadt der Blinden"  geht es um eine Blindheitsepidemie, die eine namentlich nicht genannte Stadt heimsucht. Diese unrealistische Epidemie ist die Grundlage für ein Gedankenexperiment. Welche Eigenschaften würde eine solche Extremsituation in den Menschen zu Tage treten lassen? Eindrucksvoll schildert Saramago, wie einige wenige ihre beste Seite zeigen, während die meisten Abgründe offenbaren.
Im Wesentlichen ist das, was Saramago schildert, nachvollziehbar. Manches ist aber leider auch maßlos überzogen. Wenn zum Beispiel 15 Mann und weil sie eine Waffe haben, 200 andere Personen davon überzeugen, dass sie alle Frauen unter den 200 vergewaltigen dürfen und niemand dagegen aufbegehrt, ist das einfach unrealistisch. Natürlich ist das ganze eine Parabel und insofern ist es nicht ganz fair, sich über unrealistische Punkte zu mokieren aber mich hat es trotzdem gestört.
Das Hauptproblem des Romans ist aber meines Erachtens die Sprache. Grundsätzlich ist Saramago ein geübter und wortgewandter Erzähler. Formvollendete Satzgefüge, die gern mal über eine halbe Seite gehen, laden dazu ein, sich in die Geschichte zu vertiefen. Allerdings hat er eine groteske Form gewählt um direkte Rede darzustellen. 

"Der Blinde hob die Hände vor die Augen und bewegte sie, Nichts, als wäre ich mitten in einem Nebel, als wäre ich in ein milchiges Meer gefallen, Aber Blindheit ist nicht so, sagte der andere, Blindheit heißt es, ist doch schwarz, Aber ich sehe alles weiß, Vielleicht hat die gute Frau ja recht, es kann etwas mit den Nerven sein, die Nerven sind wirklich teuflisch, Ich weiß sehr wohl, was es ist, ein Unglück, ein Unglück, Sagen sie mir bitte, wo sie wohnen, gleichzeitig hört man, wie der Motor, ansprang."

Im Deutschen ist das eindeutig falsch. (Im Portugiesischen vermutlich auch.) Natürlich hat ein Autor immer die Freiheit von sprachlichen Konventionen abzuweichen, wenn es der Sache dienlich ist. Das ist hier aber meines Erachtens nicht der Fall und ich wage zu behaupten, dass man sich bei einem weniger renommierten Autor massiv an solchen Formulierungen stören würde.

Alles in allem eine gute Idee, die nicht immer gut umgesetzt wurde.