Rezension

Gute Idee, aber schlechte Umsetzung.

White Horse - Alex Adams

White Horse
von Alex Adams

Das erste, was ich von White Horse lernen musste war, dass es definitiv kein Buch für Jugendliche ist, sondern für Erwachsene.  Das Buch übertrifft alle dystopischen Romane, die ich bisher gelesen habe, an Brutalität und Gewalt. Bereits nach wenigen Seiten war ich auf 180, weil ich das Verhalten mancher Personen so abscheulich fand. Das Buch ist nichts für schwache Nerven und Menschen mit Gerechtigkeitssinn, denn beides wird mehrere Male auf die Probe gestellt.

An einigen Stellen musste ich mich zum Weiterlesen regelrecht zwingen, weil ich mich wirklich unwohl gefühlt habe. Aber das sehe  ich nicht durchweg negativ. Das ist nun mal eine Eigenschaft dystopischer Romane, sie wollen nicht nur gefallen, sie wollen ja auch die düstere Stimmung ihrer Welt vermitteln und das schafft White Horse wirklich gut. Wer also düstere und atmosphärische Bücher mag, dem wird das Buch bestimmt gefallen. 

Ja, White Horse ist brutal und manchmal nur mit unangenehmem Gefühl zu lesen, aber das ist nicht der Grund, warum mir das Buch nicht gefallen hat.  Was mich gestört hat ist das Ende, und die vielen unbeantworteten Fragen, die damit zusammenhängen. 

Anfangs war ich noch fasziniert von der Seuche White Horse, ich wollte wissen, wo sie herkommt, wer sie erschaffen hat und wozu, warum sie sich so schnell verbreitet, wie genau sie wirkt und was der Sinn der ganzen Sache ist. Ich habe die ganze Zeit auf das Ende und die Auflösung hingefiebert. Aber dann, nach der letzten Seite, hatte ich mehr Fragen als Antworten.

Alex Adams hat sich zu Beginn des Buches viele Dinge wie „Die Büchse der Pandora“ und sich komisch verhaltene Tiere einfallen lassen, um damit die Geschichte geheimnisvoll und mysteriös zu machen.  Das ist ja schön und gut, wenn dann am Ende wenigstens aufgelöst würde, warum diese Büchse da war und warum die Tiere so durchdrehen. Aber: Nichts. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Sachen fallen mir ein, die einfach keinen Sinn zu machen scheinen und Fragen, die nicht beantwortet werden. Für mich ist das leider ein absolutes No-Go. Das Ende fühlte sich für mich einfach lieblos geschrieben an und der Autor kann noch so viel „Happy End“ schreiben wie er will, meine lange Liste von Fragen vergesse ich deshalb nicht.

Eigentlich ärgert mich und enttäuscht mich das Ende mehr, als dass ich es schlecht finde. Es hätte wirklich gut werden können. Aber nach 450 Seiten dann einfach planlos stehen gelassen zu werden? Ich könnte euch auf Anhieb 10 Dinge nennen, die nicht aufgelöst werden, aber das wären zu viele Spoiler.

Dabei hat es doch so gut angefangen. Die Geschichte wird aus 2 unterschiedlichen Zeiten, dem „Damals“ (vor dem Ausbruch der Seuche) und dem „Jetzt“ (nach dem Ausbruch der Seuche) geschildert. Eigentlich ja eine tolle Idee! Was da aber gefehlt hat, ist der Übergang. Von einem Moment auf den anderen sind 90% der Menschen tot und der Rest ist mutiert oder durch einen glücklichen Zufall nicht durch die Seuche betroffen. Hinzu kommt aber noch, dass alles noch mit irgendeinem Krieg und dem Spielen mit dem Wetter zu tun hat, was aber auf nur 2 Seiten abgehandelt wird und somit absolut nicht nachvollziehbar war. 

Was ich auch überhaupt nicht verstanden habe, war das Verhalten der 31-jährigen Protagonistin. Jetzt mal angenommen, ihr findet in eurer Wohnung, die mit vielen Türschlössern und diversen anderen Sicherheitseinrichtungen verschlossen ist, ein Gefäß, was ihr da nicht hingestellt habt. Was schließt ihr daraus? Richtig, es muss wohl eigebrochen sein. Was tut ihr? Ihr geht zur Polizei… FALSCH! Ihr geht zu einem Therapeuten und erzählt, das Gefäß sei euch im Traum erschienen… 

Dann, später, merkt ihr, dass Leute, die mit dem Gefäß in Berührung kommen, krank werden und das obwohl das Gefäß verschlossen ist. Zudem sieht es noch aus wie die „Büchse der Pandora“ von der wohl jedermann weiß, dass sie nichts Gutes bedeuten kann. Was tut ihr? Ihr bringt sie zu Spezialisten und lasst sie untersuchen…FALSCH! Ihr haut sie kaputt und versteckt die Überreste in einem Pappkarton in eurem Schrank! 

Bitte was?!

Ganz ehrlich, je länger ich über das Buch nachdenke, desto mehr unlogische und nicht-nachvollziehbare Sachen fallen mir ein… 

Deswegen mache ich an dieser Stelle mal Schluss und komme zu meinem Fazit.

Fazit                                                                                                                                                         
White Horse ist düster, atmosphärisch und spannend, keine Frage, aber leider hat das Ende mir alles vermasselt. Die vielen Fragen, die im Buch aufgeworfen werden, bleiben auch am Ende noch bestehen und die Auflösung ist mehr als dürftig.  Normalerweise hat ja jedes Buch so eine Art „Message“, die es vermitteln will, gerade bei den dystopischen Romanen ist das so, aber diese ist in White Horse leider nicht da, oder aber auch nicht nachvollziehbar, weil einfach zu wenig Fragen beantwortet werden. Schade, denn mit einer guten Auflösung hätte das Buch mir wirklich gefallen können,  so aber war es einfach nur ein großes, nicht nachvollziehbares Durcheinander. Hinzu kommt noch das Verhalten der Protagonistin, das, je länger ich darüber nachdenke, einfach komisch und auch naiv ist. 

Das Buch würde ich daher nur Lesern empfehlen, die düstere Bücher mögen, egal ob gut erklärt oder nicht. Wer aber ein Freund der Logik ist, wird mit diesem Buch wohl nicht glücklich werden.

Es gibt noch 2 Folgebände, aber da der zweite Band Red Horse einige Jahre nach White Horse spielt und es sich um eine andere Protagonistin dreht, vermute ich mal, dass die Fragen, die noch bleiben, nicht aufgelöst werden. Wenn doch, dann ist das natürlich gut, aber ich werde es nicht mitbekommen, denn lesen werde ich den zweiten Teil nicht.