Rezension

Guter Stil, stimmt nachdenklich

Vom Ende einer Geschichte - Julian Barnes

Vom Ende einer Geschichte
von Julian Barnes

Bewertet mit 5 Sternen

In seinem nicht einmal 200 Seiten dünnen Roman "Vom Ende einer Geschichte", welcher - meiner Meinung nach zurecht - in diesem Jahr den renommierten Booker Prize gewonnen hat, erzählt der Autor Julian Barnes eindrucksvoll eine Geschichte über die Reflektion der eigenen Vergangenheit und dem kritischen Umgang mit sich selbst.

Der Ich-Erzähler, Tony Webster, erinnert sich im ersten Teil des Romans an seine eigene Jugend Ende der Fünfziger, Anfang der Sechziger Jahre in London zurück. Zu Schulzeiten gesellte sich zu seinem Freundeskreis, der bis dahin mit Alex, Colin und ihm aus drei Jungen bestanden hatte, der stille, aber hoch intelligente und sehr philosophisch denkende Adrian Finn. Nach der Schule trennten sich die Wege der Jungen, Tony studierte in Bristol, Adrian bekam das Stipendium für Cambridge, und der Kontakt wurde sporadisch. Tonys erste Freundin Veronica war für ihn eine Enttäuschung. Sie manipulierte ihn, ließ ihn zappeln und schon bald war Schluss. Später eröffnet Adrian ihm, dass er nun eine Beziehung mit Veronica hat und bittet um seine Erlaubnis, worauf Tony ungehalten reagiert. Der Kontakt der beiden jungen Männer endet.
Mit nur 22 Jahren nimmt sich Adrian das Leben und hinterlässt nur einen Abschiedbrief mit hochphilosophischen Erklärungen.

Mehr als 40 Jahre vergehen, in denen Tony ein ganz normales Leben führt, heiratet, eine Tochter und ein Enkelkind bekommt, geschieden und pensioniert wird. Doch dann holt ihn die Vergangenheit plötzlich wieder ein, denn Veronicas Mutter, die er nur ein einziges Mal gesehen hatte, hat ihn in ihrem Testament bedacht: 500 Pfund und Adrians Tagebuch soll er bekommen. Da Veronica dieses aber zurückhält, ist er gezwungen sich in seinen ungenauen Erinnerungen noch einmal intensiv mit seiner Vergangenheit zu beschäftigen und auch kritisch zu hinterfragen, ob er das Bild, das er all die Jahre von der Beziehung zu Veronica und von Adrians Tod hatte, wirklich richtig ist, oder ob er sich nicht vielleicht doch selbst getäuscht hat.

Berührend und voller überraschender Wendungen blickt der Ich-Erzähler auf sich selbst zurück und riss mich beim Lesen mit jeder Seite und ohne die kleinste Länge mit. Ein wirklich gelungener Roman, der einen nachdenklich stimmt und wohl noch lange in Erinnerung bleibt. Wirklich sehr lesenswert.