Rezension

Hat mich gut unterhalten

Fräulein Gold: Die Rote Insel -

Fräulein Gold: Die Rote Insel
von Anne Stern

Bewertet mit 5 Sternen

In diesem nunmehr 5. Band der Reihe rund um Hebamme Hulda Gold steht, neben den politischen Unruhen von 1926, ihr eigenes Schicksal als ledige Mutter im Fokus.

Nach dem Unfalltod ihres Verlobten Johann, lebt Hulda nun in Schöneberg, auf der sogenannten Roten Insel, einem Stadtteil, der hauptsächlich von der Arbeiterschaft bewohnt wird. Sie arbeitet bei Grete Fischer, einer Ärztin, die in Not geratene Frauen unterstützt. Allerdings geben Gretes politische Ansichten, die ihrem Freund, einem militanten Kommunisten, hörig ist, Anlass zu Sorge.

 

Hier, unter der Arbeiterschaft ist Hulda eine Außenstehende, die trotz ihres einnehmenden Wesens und der Hilfsbereitschaft scheel angesehen wird.

„Wo zum Teufel gehörte sie nun hin? Wo würde sie akzeptiert werden – und gleichzeitig sie selbst sein können?“ (S. 77)

 

Als ein Kohlenhändler in ihrer unmittelbarer Nähe erschlagen worden ist, ist für die Roten klar, dass die Mörder in den Reihen der Braunen zu finden sein werden. Doch Hulda zweifelt an dieser Theorie und stellt eigene Überlegungen und Nachforschungen an. Dabei trifft sie ihren früheren Freund Karl North wieder, der als Ex-Polizist und nunmehriger Privatermittler, Erkundigungen in Schöneberg einzieht.

 

 

Meine Meinung:

 

Anne Stern gelingt es auch im 5. Fall die Zeit der Weimarer Republik sehr gut einzufangen. Deutschland steuert langsam auf bürgerkriegsähnliche Zustände zu: Kommunisten und Sozialisten gegen die immer stärker werdenden Nationalsozialisten.

 

Gut gefallen hat mir, dass Karl North wieder eine größere Rolle spielen darf.

 

Hulda Gold macht eine langsame, aber unaufhörliche Wandlung durch. Sie ist zerrissen. Einerseits freut sie sich auf ihr Kind, andererseits weiß sie nicht, wie es weitergehen soll. Sie teilt nun das Schicksal zahlreicher lediger Mütter: kein Einkommen und nur eine feuchte Kellerwohnung. Letztlich springt sie über ihren Schatten und beginnt jene Brücken, die sie vor kurzem abgebrochen hat, wieder aufzubauen. So nimmt Kontakt mit Johanns Eltern auf und erneuert ihre Freundschaften am Winterfeldplatz. Und siehe da, die alten Freunde ihres früheren Lebens sagen ihr Unterstützung zu.

 

Man darf gespannt auf den nächsten Band sein, der im Herbst 2023 erhältlich sein wird. Eine kurze Leseprobe macht neugierig.

 

Anne Sterns Schreibstil ist fesselnd und mitreißend. Manche Leserinnen wird die genaue Schilderung des politischen Umfelds vielleicht nicht so interessieren, doch in meinen Augen macht genau das, neben dem Lokalkolorit Berlins, den Reiz dieser Reihe aus.

 

Fazit:

 

Wer diese Reihe einmal begonnen hat, wird Hulda Golds Lebensweg weiter verfolgen wollen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.