Rezension

Herzergreifende Geschichte mit einer starken Protagonistin

Findelmädchen -

Findelmädchen
von Lilly Bernstein

Bewertet mit 5 Sternen

Helga und ihr älterer Bruder Jürgen werden 1945 von einem französischen Ehepaar aus den Trümmern Kölns gerettet und wachsen behütet und geliebt auf einem Weingut auf. Die Mutter ist seit dem Kriegsende verschollen. Erst 1955 kehrt der Vater aus der Gefangenschaft heim und holt die Kinder zurück nach Köln, wo er ein "Büdchen" betreibt. Jürgen findet eine Anstellung bei Ford, doch Helga, die so gerne aufs Gymnasium gehen würde, muss nach dem Willen der gehässigen Tante Meta und ihres Vaters eine Haushaltsschule besuchen. Während eines Praktikums im Waisenhaus lernt sie das dunkelhäutige "Besatzerkind" Bärbel kennen.

Nachdem mich erst kürzlich der Roman "Sturmmädchen" von Lilly Bernstein stark beeindruckt hatte, wollte ich gerne mehr von ihr lesen. Es ist ihr auch in diesem Roman wieder gelungen, mich zu fesseln. Er ist herzergreifend, höchst emotional, berührend und spannend geschrieben. Ein junges Mädchen, gerade einmal fünfzehn Jahre alt, muss ihren Traum von der höheren Schule aufgeben und sich dem Willen der Tante und des Vaters fügen. Köln befindet sich im Aufbau, doch die Menschen sind in ihren Köpfen scheinbar noch nicht soweit. Was Helga und die Kinder, besonders aber Bärbel, in diesem von Nonnen geleiteten Waisenhaus erleben müssen, ist erschütternd und grenzwertig. Misshandlungen, Schläge und Freiheitsentzug sind dort an der Tagesordnung. Doch Helga gibt so schnell nicht auf und versucht alles, um den Kindern zu helfen.

Der fesselnde und bildhafte Schreibstil von Lilly Bernstein haben mich gebannt. So habe ich das Buch fast in einem Rutsch gelesen und mich als Teil der Geschichte gefühlt. Alle Charaktere sind authentisch gezeichnet, wobei manche Handlungen nicht nachvollziehbar und verzeihbar sind. Ein starkes Buch, das ich gerne weiterempfehle. 5 Sterne