Rezension

Humorvoll, feinsinnig und spannend

Lange Krallen -

Lange Krallen
von Oliver Uschmann

Ein schwarzer Kater, der sich benimmt wie ein Hund und ein detektivisches Gespür für Verdächtiges hat. Ein Dorf voller skurriler Gestalten, vom unsympathischen »Hühnerbaron« über die gutherzige alte Pfandflaschensammlerin bis hin zu den undurchsichtigen neuen Nachbarn. Eine geheimnisvolle Serie von Einbrüchen … Das sind die Zutaten zum wunderbaren neuen Kinderkrimi von Oliver Uschmann und Sylvia Witt. Ich bin kein Kind mehr, trotzdem wurde ich von der ersten Seite an in diese charmant-witzige und spannende Story hineingezogen.

Die Krimihandlung ist clever konzipiert und hat das Potenzial, alle Menschen, die mit Detektivgeschichten wie »Kalle Blomquist« und »Fünf Freunde« aufgewachsen sind, in die eigene Kindheit zurückzuversetzen.

Die Sprache ist leicht, aber dennoch lebendig und metaphernreich. Da lässt ein Löwenzahn seine Samen aufsteigen und sinken »wie hundert winzige Fallschirmspringer« oder »der Mond schwimmt milchig im Himmel wie ein Stück weiße Schokolade, das sich an der Rändern auflöst«. Solche zauberhaften Bilder zeigen, dass der Text seine junge Leserschaft ernst nimmt, und garantieren, dass auch erwachsene Leser ihre helle Freude haben.

Drittens sind die Figuren unglaublich liebevoll gestrickt. Die Freundschaft zwischen der Ich-Erzählerin Leonie und ihrem Kater Bobby ist wohl etwas, dass sich jedes Kind wünscht. Darüber hinaus ist Leonie eine echte Sympathieträgerin: Sie wirkt taff aber mitfühlend, hat ein starkes Unrechtsbewusstsein und spielt besser Fußball als die Jungs. Auch die Nebencharaktere sind toll ausgestaltet. Etwa Leonies Vater, der Haus und Garten pflegt (und sich in einen kleinen Wettstreit mit dem überordentlichen Nachbarn hineinsteigert), während die Mutter als engagierte Journalistin das Geld nach Hause holt. Dem gegenüber wird der sogenannte »Dorfadel« Loriot-haft überzeichnet, was für manchen Schmunzler sorgt. Mein persönliches Highlight: der merkwürdige zwölfjährige Nachbarsjunge beim Trampolinspringen …

Hervorzuheben sind auch die kleinen Kommentare zu aktuellen Themen wie Klimawandel, Massentierhaltung oder Alltagsrassismus, die immer mal wieder in die Handlung einfließen. Dies geschieht jedoch nie mit dem erhobenen Zeigefinger. Vielmehr ergeben sich die Denkanstöße durch Leonies klare, unverfälschte Kindersicht und werden geschickt und humorvoll in die Szenen eingewoben.

Fazit: »Lange Krallen« ist ein Kinderkrimi, der mit seinem feinen Humor, sympathisch-schrägen Charakteren, einem authentischen Dorf-Setting und lebendiger, bildhafter Sprache Lesern jeden Alters Spaß macht. Ich hatte das Buch an einem Sonntag durch und hoffe auf mehr Abenteuer von Leonie und ihrem Kater.