Rezension

Humorvoll, sarkastisch, tiefgründig

Arthur oder Wie ich lernte, den T-Bird zu fahren - Sarah N. Harvey

Arthur oder Wie ich lernte, den T-Bird zu fahren
von Sarah N. Harvey

Bewertet mit 5 Sternen

Royce ist 16, als er mit seiner Mutter die alte Heimat verlassen und am anderen Ende von Kanada neu beginnen muss. Er trauert seinen alten Freunden nach und tut sich schwer damit, neue zu finden. Doch der Umzug war nötig, da Nina, Royce‘ Mutter, ihren 95-jährigen Vater Arthur nicht mehr allein leben lassen konnte. Arthur hat auf den ersten Blick gar nichts von einem gemütlichen, netten Großvater an sich. Im Gegenteil, er nörgelt an allem und jedem nur herum, nichts kann man ihm recht machen. Es scheint seine größte Freude zu sein, andere runterzuputzen. Nina nimmt sich seine Anfeindungen sehr zu Herzen und leidet darunter. Aber auch der Versuch, Arthur von professionellen Pflegerinnen betreuen zu lassen, geht gehörig schief, denn Arthur vergrault sie schneller, als Nina neue einstellen kann.

 Da Royce gerade nicht die Schule besuchen muss, kommt Nina auf die glorreiche Idee, dass Royce sich gegen Bezahlung um seinen Großvater kümmern könnte. Der ist davon zuerst gar nicht begeistert, hat er den alten Herrn doch eigentlich nie kennengelernt und nur immer gesehen, wie fertig er seine Tochter macht. Doch das Geld, mehr als er in jedem Ferienjob verdienen könnte, lockt ihn. So treffen die beiden aufeinander, und wie nicht anders zu erwarten, ist dieses Zusammentreffen nicht gerade harmonisch. Doch nach anfänglicher Unsicherheit lernt Royce, den Alten richtig zu nehmen und ihm Paroli zu bieten. Es entwickelt sich eine Art Hassliebe, die jedoch im weiteren Verlauf immer mehr von ihrem Hass verliert. Royce scheint der einzige Mensch zu sein, den Arthur zu akzeptieren bereit ist. Der Gipfel seiner Zuneigung zeigt sich darin, dass er Royce seinen heißgeliebten und top gepflegten 1956er Thunderbird fahren lässt.

 Sarah N. Harvey ist mit diesem Jugendbuch eine perfekte Gratwanderung gelungen, eine Gratwanderung zwischen dem ernsten Inhalt des Romans, der sich trotz der relativ wenigen Seiten als äußerst tiefgründig erweist, und der humorvollen und sarkastischen Schreibweise, die einfach nur Spaß macht.

 Royce entwickelt sich vom etwas passiven Teenager zu einem jungen Mann, der Verantwortung übernimmt, der zwischen seinem Großvater und dem Rest der Familie vermittelt, der lernt, seine Unsicherheit zu überwinden und zu seinen Gefühlen zu stehen. Dabei ist diese Entwicklung in allen Punkten absolut nachvollziehbar und glaubwürdig beschrieben.

 Sarah N. Harvey erzählt von der Bitterkeit und Einsamkeit des Alters, von Demenz (mal mehr, mal weniger), von schwierigen Entscheidungen und schließlich vom Tod. Doch auch die Freuden des Lebens kommen nicht zu kurz. So hält man mit diesem wunderbaren Roman eine gelungene Mischung von allem, was das Leben ausmacht, in den Händen.