Rezension

In der New Yorker Luft liegt etwas, das den Schlaf unbrauchbar macht. (Simone de Beauvoir)

Die Frauen von New York – Kleider der Liebe -

Die Frauen von New York – Kleider der Liebe
von Ella Carey

Bewertet mit 4 Sternen

1918 Paris. Vianne Mercier stammt aus einer gutsituierten Familie, die ein Antiquitätengeschäft betreibt. Ihre älteren Geschwister, die Zwillinge Anais und Jacques, sind beide an der Kriegsfront, während Vianne mit ihrer Mutter Strickwaren herstellen. Als ihre Geschwister zu Ostern endlich Heimurlaub haben und man sich auf gemeinsame Feiertage freut, wird ausgerechnet ein Kirchenbesuch für die Familie zu einem Alptraum. Viannes Mutter und Schwester sterben durch eine auf die Kirche gerichtete Bombe, während Vianne sich gerade auf dem Heimweg befindet. Ihr Vater verkraftet den Verlust seiner geliebten Frau nicht und stirbt kurz danach, während Jacques Vianne unbarmherzig vor die Tür setzt, um fortan mit seiner neuen Ehefrau in der Familienwohnung zu leben. Vianne, die schon immer davon geträumt hat, sich als Designerin einen Namen zu machen, lässt Paris hinter sich und reist mit dem Schiff nach New York. Schon auf dem Schiff macht sie eine Begegnung, die die Weichen für ihre Zukunft stellt…

Ella Carey hat mit „Kleider der Liebe“ den dritten Band ihrer historischen Reihe „Frauen von New York“ vorgelegt, in dem auch diesmal eine junge Auswanderin ihr Glück in der amerikanischen Metropole sucht. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Schreibstil lässt den Leser schnell an Viannes Seite sinken, um diese bei ihrem Abenteuer zu begleiten und dabei gleichzeitig ihre Gedanken- und Gefühlswelt aufzusaugen. Die Geschichte spannt sich über einen Zeitraum von 1918 bis 1925 und wird hauptsächlich aus der Sicht von Vianne erzählt, aber es gibt mit einigen Kapiteln von Anais auch eine interessante Wendung, die für einige Überraschungen sorgt. Als Vianne nach New York kommt, hat sie durch ihre Hilfsbereitschaft auf dem Überseeschiff schon eine Empfehlung und eine Adresse an der Hand, wo sie alsbald als Designerin und Mädchen für alles ihren Traum leben kann. Sie arbeitet hart und unermüdlich an ihren Entwürfen, setzt diese mit viel Liebe zum Detail in die Tat um und erhält schon bald die ersehnte Anerkennung, um ihre Karriere auszubauen. Als berufstätige Frau entspricht sie nicht dem üblichen Rollenklischee der amerikanischen Gesellschaft, sobald sie heiraten würde, könnte sie ihrer geliebten Tätigkeit nicht mehr nachgehen. Die Begegnung mit dem Restaurantbesitzer Giorgio, mit dem sie schnell viel verbindet, würde ihrer Karriere im Wege stehen. So ist Vianne stets in einem Zwiespalt, wie sie sich entscheiden soll. Die im letzten Drittel sich überschlagenden Ereignisse treiben die Spannung gut in die Höhe und bieten einiges an Überraschung.

Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und können den Leser mit ihren authentischen menschlichen Zügen schnell einfangen, der ihnen wie ein Schatten folgt, hofft, bangt und mitfiebert. Vianne wirkt zu Beginn noch etwas naiv, muss aber schnell lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Ihre Freundlichkeit, Wärme und Hilfsbereitschaft sowie ihre Entschlossenheit öffnen ihr schnell so manche Tür, wo sie dann mit Fleiß und Talent überzeugen kann. Eloise ist eine strenge, aber liebenswerte Chefin, die ihre Angestellten zu Höchstleistungen anspornt, insgeheim voller Selbstzweifel und in einer Schaffenskrise steckt. Jacques ist ein unbarmherziger Mann ohne jegliches Gefühl. Giorgio ist ein liebenswerter Kerl mit viel Familiensinn, der sich seinen Traum von einem gutbesuchten Restaurant erfüllen will.

„Kleider der Liebe“ ist eine unterhaltsame Lektüre, die historischen Hintergrund mit dem Rollenbild der damaligen Zeit sehr schön verbindet. Die Mischung aus Familiengeschichte, Liebe sowie die detaillierte Beschreibung der Kleiderentwürfe und Designs vor der Kulisse New Yorks sorgt für schöne und kurzweilige Lesestunden. Verdiente Empfehlung!