Rezension

Informativ und in gewissem Maße auch unterhaltsam

Frauenknast - Karlheinz Keppler

Frauenknast
von Karlheinz Keppler

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Teil des Klappentextes:

 

Kriminell sind Frauen auch – aber anders. Warum sie in Haft kommen und wie es im Frauenknast zugeht, darüber wissen wir so gut wie nichts. Einer, der es weiß, ist Karlheinz Keppler. Er erlebt den Alltag der Insassinnen hautnah, er kennt ihre Verbrechen ebenso wie ihre Sorgen. Seit über 20 Jahren arbeitet er als Arzt in einer der größten Frauenhaftanstalten Deutschlands. Er ist Vertrauensperson und Verbündeter, manchmal aber auch Gegner. Zum ersten Mal erzählt er, wie es auf der anderen Seite der Mauern wirklich zugeht – realistisch, spannend, schonungslos.

 

Und wieder ist es ein Gefängnisarzt, der „auspackt“, aus dem Nähkästchen plaudert und den Menschen „da draußen“ einen Blick durchs Schlüsselloch der Zellentür erlaubt.

Natürlich kommen auch sofort wieder die obligatorischen Vergleiche mit Joe Bausch auf, der seinerseits ein ähnliches Buch auf den Markt warf.

Die Geschichten ähneln sich – der Erzählstil eher weniger.

Karlheinz Keppler hat es nicht so mit dem saloppen Knastjargon. Sein Stil ist eher gediegen, aber ohne langweilig daherzukommen. Ehrlich gesagt, kam es mir sehr gelegen, dass er nicht so sehr den Arzt heraushängen ließ. Denn sind wir doch mal ehrlich und legen die Karten auf den Tisch. Warum lesen wir diese Bücher? Sind wir interessiert an sozialen Hintergründen, an medizinischen Fakten oder rechtlichen Zusammenhängen?

Ihr vielleicht, ich aber eher weniger. Ich bin neugierig – ein Sensationsgeier, wenn man so will. Mich interessieren die Knastabläufe, die Hierarchie (gerne auch Hackordnung genannt), die Schicksale, die Tricks der Häftlinge, Dramen und die Menschen dahinter.

Der Autor versucht, einen Teil davon zu bedienen, bleibt im Großen und Ganzen aber sachlich. So erhält der Leser ausgedehnte Schilderungen der Knastabläufe. Wir erfahren ein wenig über jene Dinge die in Fernsehserien gerne hochgepusht werden, aber der wahre Sensationsgeier wird evtl. zum Querlesen neigen, denn die Sachlichkeit dominiert in diesem Buch.

 

Hier und da werden dem Leser Häppchen hingeworfen, indem Fallbeispiele erzählt werden, die zum Schutz der Betroffenen niemals Realnamen enthalten. Das wäre nicht einmal so schlimm gewesen, hätte der Autor in dieser Hinsicht etwas mehr Einfallsreichtum gezeigt. So begegnen wir immer wieder Emilie, Amalie, Ottilie und Cecilie. Das fand ich persönlich etwas verwirrend, weil man so doch recht schnell die Übersicht darüber verliert, wer nun wem „zuerst eine reingehauen hat“.

Zickenkriege, Eifersucht und Drogen sind die zentralen Themen.

Sehr gut fand ich die detaillierten Schilderungen der Räumlichkeiten, der Abläufe und Gepflogenheiten. Und trotz aller Sensationsgier haben mir diese auch soweit gereicht, dass ich hoffe, niemals in die kriminelle Szene abzurutschen ;-)

 

Fazit:

Knastalltag, erzählt für jedermann, verständlich für jedermann, zum Teil auch interessant für jedermann. Erwartet keine Schilderungen im Stil einer großen (hust) Tageszeitung, aber erwartet lesenswerte Informationen rund um den Frauenknast. Ein Ort, an dem man wirklich nicht landen möchte.