Rezension

intelligente Liebesgeschichte

Tausend kleine Schritte - Toni Jordan

Tausend kleine Schritte
von Toni Jordan

Bewertet mit 5 Sternen

"Tausend kleine Schritte" von Toni Jordan ist ein schöne, intelligente Liebesgeschichte und soeben zu einem meiner Lieblingsbücher geworden - obwohl auf der Coverrückseite "Liebeskomödie" steht, was mich normalerweise abschrecken würde...

Aber zuerst kurz zum Inhalt: Grace, 35 Jahre alt, zählt seit einem traumatischen Erlebnis in ihrer Kindheit einfach alles. Schritte, Buchstaben, Mohn auf dem Kuchenstück oder Borsten der Zahnbürste. Durch ihre Zwangsstörung kann sie nicht mehr arbeiten und folgt einem strikten Tagesablauf, in dem jede Veränderung ihr Probleme bereitet. Doch dann begegnet sie Seamus, der sich in sie verliebt und ihr Leben so völlig auf den Kopf stellt...

Die Bezeichnung "Liebeskomödie" ist eigentlich schon ganz richtig. Es ist eine wunderbare Liebesgeschichte, mit allem was dazu gehört: Romantik, Bauchkribbeln, Gänsehaut - ein bisschen Sex. Das Buch ist außerdem auch wirklich witzig. Denn abgesehen von ihrer Zwangsstörung und neben einigen ernsthaften und traurigen Situationen hat die Autorin der Ich-Erzählerin Grace mit ihrer sehr nüchternen Art, die Dinge zu betrachten, oder mit ihrer Besessenheit von dem Wissenschaftler Nikola Tesla einen schönen trockenen Humor mit ein wenig Sarkasmus mitgegeben, sodass man beim Lesen des Öfteren lachen kann.

Trotzdem mag ich die Bezeichnung "Liebeskomödie" nicht, weil dadurch vielleicht der ein oder andere versucht ist, das Buch in einen Topf zu schmeißen mit all den oberflächlichen, dümmlichen Frauenromanen mit Protagonistinnen, die außer ihrem Gewicht, ihren Klamotten und ihrem Bankkonto keine Probleme zu haben scheinen und alles anzicken, was nicht schnell genug wegläuft, und Autorinnen, die immer wieder Bemerkungen einfließen lassen wie "typisch Frau", um dem Leser weiszumachen, er hätte hier keine zickige, oberflächliche Hohlbirne vor Augen, sondern eine ganz normale Frau. Bei solchen Romane, über die man vielleicht lachen soll, die mich aber immer nur wütend machen, denke ich nur zu oft "Herr, lass Hirn regnen!" - und siehe da, ich wurde erhört. "Tausend kleine Schritte" ist nämlich endlich mal ein intelligentes Buch aus der Rubrik "Frauenroman" mit einer intelligenten Protagonistin, die eine echte Zwangsneurose hat und damit immer noch entspannter und liebeswürdiger ist, als der ganze pseudo-neurotisch austickende Einheitsbrei, der einem in Liebesromanen sonst so begegnet und den ich einfach nicht sympathisch finden kann.

Ich bin daher wirklich dankbar für dieses Buch, denn es hat mir gezeigt, dass es im Bücherregal für mich doch noch ein bisschen Bauchkribbeln geben kann. Liebesgeschichten hatte ich nämlich schon beinahe abgeschrieben, weil ich zu selten eine Protagonistin finde, in die ich mich einfühlen kann und die mir am Herzen liegt. Aber diese "Liebeskomödie" hier ist so unglaublich schön und dabei noch klug, kurzweilig, gut geschrieben und unterhaltsam, dass ich sie jedem nur wärmstens empfehlen kann.
Ein ganz tolles Buch, das ich nicht aus der Hand legen konnte.

Kommentare

keintagohnebuch kommentierte am 15. September 2013 um 13:43

Mir ging es bei diesem Buch genauso. Ich habe es überhaupt nicht als Komödie gesehen, sondern fand es trotz gutem Humor stellenweise sehr dramatisch. Sehr lesenswert!