Rezension

Interessante Idee mit einigen Mankos

Steamtown - Die Fabrik - Carsten Steenbergen, T. S. Orgel

Steamtown - Die Fabrik
von Carsten Steenbergen T. S. Orgel

Bewertet mit 3 Sternen

In Steamtown geschehen Morde, bei denen die Opfer geradezu massakriert werden. Niemand kann sich einen Reim darauf machen, wer dahinter steckt. Genau das soll der junge Agent Eric van Valen jedoch herausfinden. Unterstützung erhält er dabei von Pater Grand, der ein Ætheromant ist, und Mister Ferret, der ziemlich anders als andere Bewohner der Stadt ist und dem daher viel Misstrauen und Unbehagen zuteil wird. Die Spur führt sie nicht nur in die Unterwelt Steamtowns, sondern auch mitten in immer größere Turbulenzen und Gefahren. Und letztendlich ist nichts, wie es zuvor noch zu sein schien.

„Steamtown“ ist aus einer Zusammenarbeit von Carsten Steenbergen mit dem Autorenduo Tom & Stephan Orgel entstanden und hat sich nach mehreren Jahren vom Webroman zum neu aufgelegten Print entwickelt. Drei Autoren, die gemeinsam einen einzelnen Roman geschrieben haben – das hat mich neugierig gemacht, aber auch ein wenig zögern lassen. Ich erfuhr jedoch, dass jeder der drei seine eigenen Figuren hatte, deren Parts er verfasst hat, und damit war für mich die Sache klar: „Steamtown“ gehört in mein Regal.
Das Cover weckt auf jeden Fall die Neugier. Das halbe Zahnrad, vor dem eine grün beleuchtete Silhouette steht, und der Übergang des grünen Lichts zu grünem Plasma ist sehr gelungen, gerade auch durch die teils vorhandene Glanz-Oberfläche. Auch die Schriftzüge gefallen mir. Insgesamt ist das Cover alles andere als überladen und lässt sich gut in die Kategorie „weniger ist mehr“ einordnen.

Inhaltlich hatte ich anfangs Probleme, in die Geschichte reinzukommen. Die Sprünge zwischen dem Mordopfer im Prolog, Mister Ferret, über dessen Situation ich mir noch kein Bild machen konnte, und Agent van Valen zogen sich ein bisschen dahin. Hinzu kam, dass der Buchsatz anders aussieht als bei anderen Büchern, was auf den ersten ca. 80 Seiten furchtbar irritierend war und vom Lesen durchaus ablenkte.
Nach und nach kam ich jedoch in die Story rein und entwickelte immer mehr Interesse und Sympathie für die verschiedenen Figuren. Was es mit Mister Ferret auf sich hat, erfährt man erst verhältnismäßig spät, jedoch ist das im Nachhinein auch in Ordnung. Die Puzzleteile setzen sich im Rückblick betrachtet gut zusammen.
Was sich leider nicht so gut zusammensetzt, sind die Perspektiven. Die recht langen Kapitel werden zwischendurch zwar durch sehr passende Zahnrad-Grafiken in Abschnitte unterteilt, jedoch wird auch innerhalb dieser Abschnitte immer wieder zwischen den Perspektiven gesprungen. Das zieht sich durch die komplette Geschichte und hat mich beim Lesen immer mehr gestört. So gerne ich auch der Handlung gefolgt bin, die ständigen, vorwarnungslosen Sprünge haben leider verhindert, dass ich wirklich vollständig in die Handlung abtauchen konnte.
Ansonsten war die Sprache jedoch schön zu lesen, es klang stets ein sehr eigener, amüsanter Humor darin mit. Auch die verschiedenen Figuren sind abwechslungsreich und ansprechend gestaltet. Das beginnt mit Mister Ferret, dessen Herkunft erst nach einer Weile geklärt wird, und geht weiter mit Pater Grand, der im Laufe der Kapitel deutlich sympathischer wird, als er am Anfang noch wirkt.

Beim Weltenbau hätte ich mich über ein wenig mehr Infos zum Drumherum sehr gefreut. Viel erfährt man nicht darüber, wo Steamtown liegt und wie es anderswo aussieht, nur von einem Krieg wird berichtet. Ebenso verhält es sich mit einigen Entwicklungen und Geschehnissen, bei denen bei mir das Gefühl zurückblieb, im Laufe der Geschichte seien den Autoren einige kleinere Fäden aus den Fingern gerutscht und liegengeblieben. Anderes war nicht direkt nachzuvollziehen, sodass ich noch einmal zurückspringen musste, um die Zusammenhänge doch noch zu begreifen. Auch tauchten mehrfach kursive Absätze in den Kapiteln auf, bei denen ich noch immer keine Ahnung habe, ob sie seltsame Gedanken darstellen sollen oder vielleicht doch etwas ganz Anderes.

Trotz dieser Mankos sind Grundidee und Handlung interessant genug, um Lust auf mehr zu machen. Der Epilog macht diesbezüglich auch Hoffnung und lässt mehr als genug Potenzial für eine oder mehrere Fortsetzungen offen. Und da die Ursprungsversion von „Steamtown“ schon etwas älter ist und die Autoren sich in diesen Jahren ja ebenfalls weiterentwickelt haben, habe ich auch die Hoffnung, dass beispielsweise die Perspektivsprünge dann nicht mehr geschehen würden.

Im Großen und Ganzen hat „Steamtown“ mir ein paar interessante Lesestunden beschert. Durch einige Mankos wird es jedoch schwer, richtig in die Handlung abzutauchen, was ich in Anbetracht der interessanten Ideen sehr schade finde. Dennoch habe ich es gern gelesen und würde mir eine Fortsetzung sofort zulegen. Damit hat das Buch sich drei Sterne verdient.