Rezension

KaDeWe - (Familien-)Geschichte eines Luxuskaufhauses

KaDeWe. Haus der Träume -

KaDeWe. Haus der Träume
von Marie Lacrosse

Bewertet mit 5 Sternen

Berlin. 1907 eröffnet der Kaufmann Adolf Jandorf mit dem KaDeWe ein Kaufhaus der Luxusklasse. Judith Bergmann, Tochter von Jandorfs Justiziar, ist schon immer ein Leben in Wohlstand gewohnt und soll einmal Jahndorfs einzigen Sohn Harry ehelichen. Durch einen Zufall lernen sich Judith und Rieke im Alter von 10 Jahren kennen. Rieke Krause stammt aus ärmlichen Verhältnissen und kennt das KaDeWe ebenfalls wie ihre Westentasche, denn ihre Mutter Käthe leitet die Putzkolonne des Hauses. 1914 ergattert Rieke im Kaufhaus eine Stelle als Kassenmädchen und darf nun täglich in den Luxustempel betreten, dessen Angebot und Ausstattung ihr immer wieder den Atem raubt. Sie hofft, im Kaufhaus Karriere zu machen, während eine Frauenschule besucht und sich ein Studium erträumt. Als der Erste Weltkrieg ausbricht, müssen Rieke und Judith ihre Zukunftsträume auf Eis legen. Sowohl der Krieg als auch die Nachkriegszeit stellt die Bevölkerung vor große Herausforderungen, davon bleiben auch das KaDeWe und sein Eigentümer Jahndorf nicht verschont…

Marie Lacrosse hat mit „Haus der Träume“ den ersten Band ihrer historischen Dilogie rund um das KaDeWe vorgelegt, der dem Leser Unterhaltungslektüre auf höchstem Niveau bietet. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil der Autorin öffnet dem Leser schon mit dem Prolog die Tür zur Vergangenheit. Das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) öffnet zum ersten Mal seine Tore und hat bis heute seinen Ruf als Luxustempel nicht eingebüßt. Über den Zeitrahmen von 1914 bis 1926 erhält der Leser zum einen Einblick in das privilegierte Leben von Judith Bergmann und deren Verbindungen zur Familie Jandorf, zum anderen ist er zu Gast bei Rieke Krause und ihrer Familie. Die Welten der Bergmanns und Krauses sind grundverschieden, während die einen wohlhabend und Teil der besseren Gesellschaft sind und Judith alle Türen einschließlich Bildung offen stehen, leben die Krauses als Arbeiterfamilie armen Verhältnissen, wo Streit und Gewalt durch den Vater an der Tagesordnung sind. Beide Frauen haben Hoffnungen und Träume, die sie mit viel Arbeit, Fleiß und Hartnäckigkeit verwirklichen wollen. Die Autorin hat wunderbar recherchiert und ihre fiktive Handlung mit vielen wahren Begebenheiten gestützt, aber auch den historischen Rahmen hervorragend miteingeflochten. So erlebt der Leser nicht nur die Auswirkungen des Krieges und der Nachkriegsjahre auf die Bevölkerung mit, sondern nimmt ebenso Anteil an der wachsenden freundschaftlichen Bindung zwischen Rieke und Judith. Die Handlung ist so spannend wie farbenfroh geschildert, dass dem Leser die Seiten nur so durch die Finger gleiten, während die Geschichte vor seinem inneren Auge wie ein Kinofilm abläuft. Interessant sind auch die Anmerkungen der Autorin im Nachwort, die ihre Handlung einmal mehr zu einer kostbaren Lektüre machen.

Die Charaktere sind detailliert und feinsinnig inszeniert, können den Leser mit ihrer Authentizität sofort für sich einnehmen. Judith ist eine patente Frau, die sich nicht auf dem Familienwohlstand ausruht, sondern in der Welt etwas bewegen will. Sie ist mitfühlend und hat das Herz am rechten Fleck. Rieke ist fleißig, weiß genau, was sie will und steckt für ihre Familie oftmals zurück. Sie ist verlässlich, stark und immer hilfsbereit. Adolf Jandorf ist ein Mann mit Visionen und Ideen, die bis in die heutige Zeit überlebt haben. Aber auch Riekes Schwester Sanni, Harry Jandorf, Judiths Bruder Johannes, Alice Salomon und viele weitere Protagonisten tragen zum Unterhaltungswert der Geschichte bei.

„Haus der Träume“ ist ein wunderbarer und äußerst kurzweiliger historischer Roman, der nicht nur durch eine exzellente Hintergrundrecherche sowie dem gekonnten Verweben von Fiktion und Realität brilliert, sondern auch mit zwei starken Frauencharakteren punktet, denen man als Leser zu gern sein Herz öffnet. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner der Extraklasse –Chapeau!