Rezension

konnte meine Erwartungen leider nicht ganz erfüllen

Der Ruf des Henkers - Björn Springorum

Der Ruf des Henkers
von Björn Springorum

Inhalt:
England in der Mitte des 19. Jahrhunderts…
Der Tod zieht in Gestalt des düsteren und ungeselligen William Calcraft durch das Land. Diese Tätigkeit, die Zurschaustellung des Todes und das damit verbundene Spektakel führt den Einzelgänger in ein kleines Küstendorf. Dort trifft er auf Richard Winters, der von der Unschuld „seiner“ Elizabeth überzeugt ist.
Kurzerhand gibt der Henker das Leben des Mädchens frei und nimmt Richard als Lehrling an.
An der Seite des geheimnisvollen William Calcraft lernt Richard mehr und mehr über den Tod – und das Leben.
Doch seine wahre Berufung ist eine ganz andere.

Meinung:
Der Klappentext hatte mich sofort neugierig gemacht und so konnte ich es kaum abwarten, in das historisch-fantastische Setting einzutauchen.

Schnell wurde ich nach einem kurzen Prolog mit dem Tod konfrontiert, der mit dem Job als Henker einhergeht. Björn Springorum schilderte mir die Geschichte aus verschiedenen Ich-Perspektiven in Vergangenheitsform und brachte mir so die Hauptcharaktere näher.

Neben dem düsteren, ungeselligen Calcraft, dem berühmtesten Henker seiner Zeit, gab es die Perspektive von Richard, der von seiner Art her gegenteiliger nicht sein könnte.
Später im Verlauf des Buches erhalten wir noch Einblicke in ein Tagebuch.

Durch die Perspektivenwechsel bekam ich Einblicke in die Köpfe der Handelnden, in ihre Gefühle und den Zwiespalt, in dem sich vor allem Calcraft befindet. Denn er ist weit mehr als ein normaler Henker. Auch wenn der Autor dieses Geheimnis selbst lange durch Auslassungen hinausgezögert hat, ging durch diese Offensichtlichkeit ein Großteil der Spannung verloren. Schließlich steht es bereits im Klappentext.

Diese offensichtlichen Hinweise ziehen sich durch die gesamte Geschichte, sodass selbst das Ende vorhersehbar war, was ich sehr schade fand. Ohne wirklich überraschende Wendungen las sich das Buch sehr zäh, vieles wurde überdetailliert geschildert und die Auslassungen bewirkten das Gegenteil von Spannung.

Auch kamen durch besagte Längen die Emotionen von Protagonist Richard kaum bei mir an, sodass ich nicht wirklich mit ihm mitfiebern konnte, mit ihm leiden konnte – sondern eher die Augen verdrehte, warum er das Offensichtliche nicht erkannte. Der Zielgruppe ab 13 sollte es ähnlich gehen.

Der Schreibstil war angenehm und flüssig zu lesen, die Illustration am Kapitelanfang und die anders gesetzten, teils hervorgehobenen Nachrichten und Briefe waren optisch ein Highlight. Bei der Sprache selbst bin ich mir nicht ganz sicher, ob sie in das 19. Jahrhundert passt, da einige Ausdrücke doch sehr modern wirken. Hier bin ich aber kein Profi, das ist nur mein Gefühl. Ansonsten konnte der Autor die Zeit und seine Missstände gut aufzeigen, beruht die Geschichte doch auf einem Fakt, dem berühmt-berüchtigten Henker William Calcraft.

Der Fantasy-Anteil des Buches war sehr gering. Die Theorie hinter den Wesen, auf die Calcraft und Richard in Wahrheit Jagd machten fiel eher beiläufig und trotz aller Ausführlichkeit der anderen Handlungsstränge blieben weitere Erklärungen zum Großteil außen vor.

Was mir hingegen sehr gut gefiel, war die Auseinandersetzung mit dem Tod, der Akzeptanz seiner Unausweichlichkeit und der Konsequenz, das Leben zu genießen.

Nach einem actionhaltigen, aber sehr schnellen Showdown (im Vergleich zum Rest der Geschichte), lässt Björn Springorum „den Ruf des Henkers“ abgeschlossen ausklingen.

Urteil:
„Der Ruf des Henkers“ konnte meine Erwartungen durch Kurztext und Innenklappentext leider nicht erfüllen. Der Fantasy-Anteil war gering, die Handlung teils sehr langatmig und ereignislos. Die Auseinandersetzung mit dem Tod und dem Leben jedoch verleiht dem Buch eine Einzigartigkeit, sodass ich insgesamt 3 Bücher vergeben kann.

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