Rezension

Krimi mit brisantem Thema

Falkenjagd - Joachim Rangnick

Falkenjagd
von Joachim Rangnick

Bewertet mit 4 Sternen

Aufgrund der Veröffentlichungs- reihenfolge dieser Serie ist es mir nicht möglich gewesen sie in der chronologisch richtigen Reihenfolge zu lesen. Bisher hat mich dies noch nicht gestört, war doch so enorm viel Raum zwischen Bauernfänger und Der Ahnhof. Doch gleich zu Beginn ist mir aufgefallen, dass zwischen Bauernfänger (1) und Falkenjagd (3) nun Ereignisse stattgefunden haben, die für das Lesevergnügen des dritten Bandes gesteigert hätten. So hat Walcher im zweiten Band Kommissar Brunner kennengelernt und auch Ereignisse um seinen Freund Johannes werden direkt angesprochen, die mir nun unbekannt sind. Das ist schade und ich frage mich, wieso es nicht möglich war, die alten Bücher in der chronologisch korrekten Reihenfolge zu veröffentlichen. Schade, aber ich kann es nicht ändern. Im weiteren Verlauf der Lektüre ist dies jedoch nicht mehr so entscheidend.
Die „Krimis“ von Herrn Rangnick sind keine klassischen Krimis. Statt eines ermittelnden Kriminalbeamten ist die Hauptperson der InvestigativJournalist Robert Walcher. In diesem Band arbeitet er jedoch relativ eng mit Kommissar Brunner zusammen, sonst wären Walchers Ermittlungen in diesem Band nicht oder nur schlecht möglich gewesen. Außerdem fällt es mir schwer ihn als “Krimi” zu betiteln, da Rangnicks Romane eher einen gesellschaftskritischen als kriminalistischen Schwerpunkt haben. Doch das soll deren Schaden nicht sein, ist doch das, was Rangnick aufzeigt beängstigend real und passiert wahrscheinlich genau so in Deutschland, ohne dass die Bevölkerung es mitbekommt. Die Rede ist hier von einem Menschenhändlerring, der nicht nur Frauen aus von uns aus gesehen östlich liegenden Staaten, sondern auch Jugendliche und gar Kinder für eindeutige Zwecke verkaufen. Diese werden entweder geraubt oder mitunter im Wissen der Eltern von diesen gekauft. Furchtbar. Rangnick schafft es jedoch dieses sensible und heikle Thema realistisch zu schildern und sich dabei auf das wichtige zu konzentrieren: Wie geht es den Kindern dabei und wie wird dieser menschenunwürdige Handel organisiert. Rangnick nutzt dafür sehr geschickt den Perspektivwechsel um dem Leser einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen. Walcher ist bei der Aufdeckung maßgeblich beteiligt, was den Roman wirklich spannend macht. Da Walcher während seiner Ermittlung auch auf Auslandsreisen unterwegs ist, ist in diesem Band nicht viel Lokalcholorit zu finden, was ich wirklich schade finde. Schätze ich doch den Charme und die Beschreibungen der Örtlichkeiten des Allgäus sehr. Ich würde mir manchmal wünschen, dass Walcher sich bei seinen Recherchen mehr auf seine Wahlheimat beschränken würde, wie es z.B. in Der Ahnhof der Fall war.
Zwischenzeitlich hätte ich mir auch mehr Straffung der Handlung um 100 Seiten gewünscht. Die 400 Seiten erscheinen irgenwann schon etwas lang und manche Szenen waren im Prinzip überflüssig und doppelt. Dann wäre das Buch eine richtig schöne runde Sache geworden.
Fragwürdig finde ich den Titel unter dem List das Buch veröffentlich hat. Frische Hühnchen lautete der Originaltitel, den der Autor damals seinem Werk gab, als er es im Selbstverlag veröffentlichte. Die Floskel “Frische Hünchen” fiel des Öfteren im Text. Von Falken, einer Falkenjagd oder Anspielungen auf beides ist hier nicht die Rede – oder ist so plump, dass ich sie nicht verstanden habe. Von daher finde ich den Titel Falkenjagd alles andere als gut gewählt.

Fazit: Falkenjagd ist erneut ein gesellschaftskritischer Roman aus der Feder Joachim Rangnicks mit einer opulent gestalteten Geschichte, die wirklich aus dem Leben gegriffen scheint und der nur etwas Straffung  der Handlung und etwas mehr Lokalcholorit gut getan hätten.