Rezension

Lalelu - der Mond schaut beim Weltuntergang zu

Die Welt, wie wir sie kannten
von Susan Beth Pfeffer

Bewertet mit 3.5 Sternen

Diese Rezension bezieht sich auf das Hörbuch von "Die Welt, wie wir sie kannten".

Wenn man 16 ist, liegt das ganze Leben vor einem. Die wichtigsten Probleme, die man wälzt, sind die Fragen nach einem Date mit dem Angebeteten, ob man in der Schule zur angsagten Clique gehört oder ob man in den Ferien seinen Führerschein machen darf. Und das ist im Prinzip auch gut so. Miranda ist genau so ein Mädchen mit genau solchen Dingen, die sie beschäftigen. Sie geht zur Highschool, hat Freundinnen, lebt bei ihrer Mutter und hat zwei Brüder, einen kleinen und einen großen, der bereits das College besucht. Eine kleine heile Welt in einer kleinen Stadt irgendwo in Pennsylvania.
Doch dann schlägt ein Meteorit auf dem Mond ein und verschiebt diesen. Die Folgen sind mehr als katastrophal. Durch Überflutungen und Vulkanausbrüchen rafft es einen großen Teil der Menschheit hin, dazu gibt es Stürme und Dürren und unglaubliche Kälte schon im September. Von einem Tag auf den anderen müssen Miranda und ihre Familie sich darauf einstellen, dass es keinen Strom, kein Essen aus dem Supermarkt, kein normales Alltagsleben mehr gibt. Sie müssen lernen, dass es irgendwann nur noch darauf ankommt, die Familie voranzustellen und zum Teil auch völlig egoistisch zu handeln, einfach, um überleben zu können. Und vielleicht sind irgendwann auch einfach alle Vorräte aufgegessen und der monatelange Winter zu kalt und zu hart, um dieses Überleben realistisch erscheinen zu lassen.

Die Idee finde ich sehr gut. Dieses Endzeitszenario mal nicht in einer dystopischen Welt stattfinden zu lassen (wobei man als politisch interessierter Mensch natürlich darüber philosophieren kann, inwiefern die USA NICHT dystopisch ist ;D), sondern es anhand der kleinsten Zelle der menschlichen Gemeinschaft - der Familie - zu demonstrieren. Wie schaffen es Menschen, miteinander klarzukommen, die auf engstem Raum zusammengepfercht sind und die jeden Tag von Konserven leben müssen? Die irgendwann alles einschränken müssen, was zum Leben gehört? Die irgendwann nur noch von Tag zu Tag leben können? Miranda erzählt von diesem Tag-zu-Tag-Leben anhand von Tagebucheinträgen, was an und für sich eine gute Idee ist.

Leider wird es dabei gelegentlich wirklich zäh. Tag 1: Wir haben heute diese Dose aufgemacht und gegessen, Tag 2: Die und die Konserve, Tag 33: jene Konserve. Auch ist Miranda nicht immer sympathisch, und damit meine ich nicht den einen oder anderen Koller, der Menschen erfasst, wenn sie plötzlich auf alles verzichten müssen. Nein, sie hat manchmal eine äußerst unangenehme Art an sich, Dinge zu sehen oder darzustellen und vor allem ist sie teilweise so naiv, dass ich sie - hätte ich nicht gewusst, dass sie 16 sein soll -, auch für 12 hätte halten können. Noch mitten drin im Weltuntergang, als wirklich schon alles krachen geht und jeder sehen kann, dass es in der nächsten Zeit eher nicht besser wird, jammert sie ständig ihre Mutter an, dass die es mal nicht übertreiben soll und es wird schon demnächst alles wieder normal werden. Das hat schon einige Male genervt, genauso wie sehr viele Wiederholungen. Ich fand es auch sehr unwahrscheinlich, dass bis auf eine Erwähnung fast gar nichts über Plünderungen, Raub, Mord und Diebstahl bekannt wurde. Alle waren äußerst friedlich und eher bereit zu verhungern als loszuziehen und ihre Nachbarn um das letzte bisschen Essen zu bestehlen. Glaubt das jemand? Gerade im Amiland, wo es doch zum guten Ton gehört, eine Knarre zu haben?

Sehr gefallen hat mir allerdings die Sprecherin, die unglaublich gut den manchmal weinerlichen, manchmal trotzigen, manchmal resignierten Ton einer pubertierenden 16jährigen getroffen hat. Das hat das Buch glatt noch mal aufgewertet, oder würde es zumindest, wenn man halbe Punkte vergeben könnte.

Fazit: Interessantes Thema, nicht immer konsequent umgesetzt, aber mit sehr guter und passender Sprecherin.