Rezension

Leider wieder ein Mädchen

Bertha Benz und die Straße der Träume -

Bertha Benz und die Straße der Träume
von Alexander Schwarz

… schreibt Berthas Mutter bei deren Geburt in die Familienbibel. Ihre Eltern hatten nach 2 Mädchen endlich auf einen Sohn gehofft, einen Stammhalter, der später die Zimmerei seines Vaters übernehmen könnte. Dabei ist auch Bertha handwerklich begabt, aber das schickte sich für Mädchen damals nicht. Sie musste stattdessen wie ihre Schwestern lernen, einen Haushalt zu führen.

Mit 20 lernt sie ihren späteren Mann Carl Benz kennen. Für beide ist es die große Liebe, doch die Hochzeit verzögert sich immer wieder. Carl verdient nicht genug, da er alles seiner Vision vom selbstfahrenden Wagen mit Motor unterordnet, an dem er jahrelang tüftelt.

 

„Ich glaube, wir haben als Frauen durchaus die Möglichkeit, Dinge zu verändern, auch in einer Ehe. Es muss ja nicht immer alles schwarz-weiß daherkommen. Wir Frauen haben durchaus Mittel, uns zu wehren, auch als Ehefrauen, jedenfalls hoffe ich das.“ (S. 56) Letztendlich überredet Bertha ihre Eltern, ihr einen Teil ihrer Mitgift vorab auszuzahlen, damit Carl eine eigene Firma gründen und genug für eine Familie verdienen kann. Und wie schon zu Beginn der Ehe, wird sie ihr Leben lang ein Auge auf seine Geschäfte haben und sich einmischen, wenn etwas schiefzulaufen oder nicht vorwärtszugehen droht. Das gipfelt in ihrer berühmten ersten (heimlichen) Überlandfahrt mit seinem Patent-Motorwagen Nr. 3 mit ihren halbwüchsigen Söhnen ...

 

Alexander Schwarz zeigt in „Bertha Benz und die Straße der Träume“ eine Frau, die ihrer Zeit voraus war. Von klein auf interessiert sie sich für alles Technische und lernt von ihrem Vater die Holzbearbeitung, außerdem kann sie durch ihre „Ausbildung“ zur Hausfrau mit Geld umgehen und Bücher führen. Und sie hält mit ihrer Meinung, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sein sollten, nicht hinterm Berg: „Bin ich etwa weniger wert, weil ich ein Mädchen und kein Junge geworden bin?“ (S. 10)

Carl ist mit seinen Erfindungen nie zufrieden. Mehr als einmal muss Bertha ein Machtwort sprechen, wenn sie wiedermal pleite sind oder er sich in ein Idee verrennt. Aber sie ist von seinem Motorwagen überzeugt und zwingt ihn letztendlich mit ihrer Alleinfahrt, diesen endlich der Öffentlichkeit vorzustellen.

 

Bertha hat mir imponiert, ich hätte es wahrscheinlich nicht mit Carl ausgehalten und sicher nicht jahrelang auf die Hochzeit gewartet, für die sie sogar ihren gehobenen Lebensstandard aufgegeben hat. Und ich habe sie dafür bewundert, wie sie sich in dieser Männerwelt durchgesetzt und einfach gemacht hat, was sie für richtig hielt, ohne sich darum zu scheren, was andere davon halten.

 

An manchen Stellen schreibt mir Alexander Schwarz zwar etwas zu ausführlich, zeichnet damit aber ein umfassendes Bild der Zeit und beteiligten Personen.