Rezension

Man ist nur so alt, wie man sich fühlt

Clara und die Granny-Nannys - Tania Krätschmar

Clara und die Granny-Nannys
von Tania Krätschmar

Bewertet mit 5 Sternen

~~Als Clara Behrens ihre alte Mutter besucht und sie umsorgt, bestärkt diese sie darin, noch einmal etwas Neues in ihrem Leben zu wagen. Kaum ist sie daheim und bespricht sich mit ihrem Ehemann, ist die Idee geboren, eine Agentur für ältere Damen zu gründen, die sie als Granny-Nannys an Familien mit Kindern vermitteln möchte. Schon bald hat sie ihre ersten “Vermittlungsobjekte” gefunden: Karen, Hanni und Suse möchten noch einmal etwas anderes erleben als ihren momentanen Alltagstrott. Karen hat keine Lust, sich nach ihrer Pensionierung von ihrer Tochter als Kindermädchen verplanen zu lassen. Suse braucht Abstand zu ihrem Bruder und dem gemeinsamen Restaurant, über das die beiden ständig in Streit geraten. Hanni wird von ihrem Sohn auf die Idee gebracht, sitzt sie doch ständig allein daheim und igelt sich regelrecht ein. Da trifft es sich gut, dass alle drei sich in fremde Familien begeben und in Berlin ein Abenteuer beginnen. Und ein Abenteuer ist es wirklich, denn während die eine im Speckgürtel von Berlin auf dem Dorf in einem Restaurant landet, verschlägt es die anderen beiden zum einen in ein Hausboot mit Pizzaliebenden Zwillingen und zum anderen in eine amerikanische Familie mit Ehe- und Ernährungsproblemen. Gott-sei-Dank gibt es Clara, die dafür sorgt, dass die drei nicht allein in dieser Riesenstadt sind und sich kennenlernen. Schnell wachsen Karen, Suse und Hanni als Freundinnen zusammen und können so dem Großstadtmoloch Berlin und den Unwägbarkeiten in ihren Familien trotzen. Wird diese Erfahrung sie verändern?

Nach “Eva und die Apfelfrauen” hat Tania Krätschmar mit ihrem Buch “Clara und die Granny-Nannys” wieder einen absoluten Wohlfühlroman vorgelegt. Der Schreibstil der Autorin lädt geradezu dazu ein, es sich auf dem Sofa gemütlich zu machen, sich in eine warme Decke zu hüllen und sich bei der Lektüre des Buches in das Buch hineinziehen zu lassen. Gefühlvoll, mit einer guten Prise Humor und sehr lebensecht beschreibt Tania Krätschmar das Miteinander ihrer Akteure und erzählt dabei so manch komische Episode. Als Handlungsort hat sie Berlin gewählt und bei den Streifzügen der drei Damen durch die Stadt hatte man ständig das Gefühl, man folgt ihnen auf Schritt und Tritt. Die Protagonistinnen sind liebevoll, sympathisch und sehr authentisch angelegt. Da ist zum einen Karen, eine ehemalige Lehrerin, die sich noch nicht zu alt fühlt, um etwas Neues zu wagen. Hanni ist eher zurückhaltend und lebt fast schon eingeigelt in ihrem Heim. Das Abenteuer Berlin kostet sie zunächst Überwindung, nach der Entscheidung wächst sie langsam aber sicher über sich hinaus und wird auf ihre älteren Tage noch regelrecht wissbegierig und interessiert ob all der neuen Technik wie Smartphones, Internet und Facebook. Suse will nur mal raus aus dem Trott, sie fühlt sich unverstanden und kann sich gegenüber ihrem Bruder nicht durchsetzen. Sie erhofft sich eine neue Perspektive und etwas Abstand, um ihrem Bruder insgeheim zu zeigen, dass er sie doch braucht. Alle drei Frauen sind wunderbare Protagonistinnen, die mutig und entschlossen ins kalte Wasser springen, um ihrem Leben eine neue Würze zu verleihen. Während ihrer Berliner Zeit erleben sie vom Pferderitt mit Abwurf, über Segeln auf dem Wannsee, der Halloween-Party im Ritz, dem Besuch eines Tattoostudios und gemeinsamen Ausflügen innerhalb der City auch einiges Neue über sich selbst. Ob es die äußerliche Veränderung durch einen Friseurbesuch oder der Besuch eines Secondhandshops mit dem Einkauf neuer bunterer Kleidung ist, man erlebt die Entwicklung der drei Frauen hautnah mit. Besonders schön allerdings ist die Freundschaft der Damen untereinander. Da wünscht man sich als Leser, mit ihnen um die Häuser zu ziehen und ein Teil der Runde zu sein. Zumindest kommt der Wunsch auf, hoffentlich genauso weltoffen und bereit für neue Erfahrungen zu bleiben, denn das Leben ist vielfältig und bunt.

Tania Krätschmar hat mit ihrem Roman einmal mehr einen Volltreffer gelandet, der eine absolute Leseempfehlung verdient. Chapeau!!!