Rezension

Misslungener männlicher Blick auf 17jährige Frauen

Halt - Michael Donkor

Halt
von Michael Donkor

Bewertet mit 2 Sternen

Die 17jährige Belinda arbeitet als Hausmädchen bei einem älteren Ehepaar in Kumasi/Ghana, das sie Aunty und Uncle nennt. Das Paar hatte lange in England gelebt und sich von den Ersparnissen ein repräsentatives Haus in ihrer Heimat bauen lassen; ihre Kinder sind längst erwachsen. Belinda war eine erfolgreiche Schülerin, bis ihr Vater eines Tages kein Schulgeld mehr für sie bezahlte und sie zur Arbeit zu Aunty geschickt wurde. Als müsste sie allein für diese Stelle lebenslang dankbar sein, zeigt sich das Mädchen als zuverlässig und fleißig. Auntys und inzwischen auch ihre eigenen Überzeugung, dass man für Tüchtigkeit geliebt werden wird, gibt sie an die 11jährige Mary weiter, mit der sie in einem Bett schläft und die sie in Auntys Sinn für den Haushalt anlernt.

Als ihre Arbeitgeber Besuch von ihren alten Freunden Nana und Dr. Otuo aus London bekommen, verabreden die beiden „Mamas“, dass Belinda sie nach England begleiten wird, da sie sich Sorgen um ihre Tochter Amma machen, die in Belindas Alter ist. Wie genau die Tätigkeit aussehen wird, ob Belinda eine Rolle als Pflegetochter oder Au Pair Mädchen übernehmen wird, bleibt ihr anfangs unklar. So verhält sie sich wie in Auntys Haushalt, indem sie ihre Dankbarkeit durch emsiges Putzen und Ordnen zeigt. Das Verhältnis zur völlig zurückgezogenen Amma bleibt schwierig. Schließlich verrät Amma, dass sie sich in eine gleichaltrige weiße Studentin verliebt hat und dass sie ihre Gefühle selbst völlig unmöglich findet, da es sich um eine Weiße handelt. Belinda wiederum ist schockiert, weil ihre bisherige Lebenserfahrung sie auf diese Situation nicht vorbereitet hat. Als die jungen Frauen sich dennoch einander annähern, wird Belinda überraschend nach Ghana zurückgerufen.

Michael Donkors Roman spielt im Jahr 2002, als seine beiden Hauptfiguren 17Jahre alt sind, so alt wie er selbst zu der Zeit. Mit Belinda und Amma trifft in London eine mögliche Herrin über Hausangestellte auf ein ehemaliges Dienstmädchen, das in seiner neuen Rolle als „Freundin“ noch unsicher wirkt. Die kleine Mary dazugerechnet, treffen drei jugendliche Frauen auf zwei Mutterfiguren, hinzu kommen Gleichaltrige. Diese Vielfalt der Persönlichkeiten, ihrer Stimmen, Dialekte und zusätzlich die Erzählerstimme versucht der Autor darzustellen, was ihm leider stilistisch und in der Perspektive misslingt. Belinda in ihrer Rolle der zuverlässigen, für ihr Alter zu reif wirkenden Besucherin aus Ghana finde ich noch am ehesten glaubwürdig, Dialoge zwischen Amma und Gleichaltrigen wirken authentisch, doch durch den gestelzten Ton des Erzählers musste ich mich hindurch quälen. Hinzu kommt, dass hier ein Mann Werte, Gefühle und Erotik junger Frauen beschreiben will - mit rein männlichem Blick auf Frauenkörper und ebenfalls männlichen Fantasien. Die Prämierung des Romans kann ich nicht nachvollziehen. Ein Stoff, der die Sensibilität des Autors offensichtlich überfordert, Klischees, Schwarz-Weiß-Malerei, moralisierender Schluss, Namedropping von Markennamen statt Beschreibungen – sind selbst für ein Debüt zu viele handwerkliche Fehler.