Rezension

Mit japanischen Figürchen durchs 19. Jahrundert

Der Hase mit den Bernsteinaugen - Edmund de Waal

Der Hase mit den Bernsteinaugen
von Edmund de Waal

Bewertet mit 3.5 Sternen

Familien- oder vielmehr Ahnenforschung beschäftigt wohl jeden an dem ein oder anderen Punkt seines Lebens. Als Edmund de Waal 264 Figürchen von seinem Großonkel erbt begibt er sich auf eine ganz eigene Reise in die bewegte Vergangenheit seiner Familie.

De Waal ist nicht nur renommierter Autor und Professor sondern auch Keramiker hat also ein mehrfaches Interesse an der Geschichte der sogenannten Netusken. Netusken sind kleine Tier- oder sogar Menschenfiguren die in Japan zur Befestigung eines Kimonogürtels genutzt wurden und nach Europa hauptsächlich als Zierfiguren kamen. Diese Schmuckstücke befinden sich schon seit über 150 Jahren in der Familie des Autors genauer gesagt seit der Cousin des Urgroßvaters de Waals, Charles Ephrussi, sie in Paris gesammelt bzw. erworben hat. Besagter Charles Ephrussi ist der Sohn von Leon der Gründer des Bankhauses Ephrussi in Odessa das die Familie lange Zeit zu einer der reichsten des Kontinents machte. Ausgeschwärmt in alle Welt gründeten sie in Wien, Paris und London große Filialen des Unternehmens. Und durch kluge Eheschließungen wurde die Familie immer verzweigter und hatte die besten Beziehungen. 1899 schenkte Charles seinem Neffen die Sammlung zu seiner Hochzeit. Die junge Ehefrau die glorreiche Barronin Emmy verwahrte ihrerseits die Netrusken in Ihrem Ankleidezimmer wo sie von ihren Kindern geliebt und bewundert wurden. 

Leider kann sich auch die Familie Ephrussi den dunklen Schatten des 19. Jahrhunderts nicht entziehen und wird aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln zuerst enteignet und dann vertrieben. Das die Figuren, der Familie trotz allem erhalten blieben ist nur der treuen Zopfe der Barronin, Anna, zu verdanken die der Plünderung der Nazis zuvorgekommen war und die Figuren nach und nach unter ihrer Schürze in Sicherheit gebracht hat. Während der turbulenten Kriegsjahre hütete diese wie ihren Augapfel in der Matratze und konnte sie so der zurückgekehrten Tochter der Barronin, Elisabeth mitgeben. Elisabeth wiederum ist die Großmutter von Edmund de Waal. Und so schließt sich nach einem weiteren Zwischenstopp der Figuren in ihrem Herkunftsland Japan langsam der Kreis.

Man merkt das es de Waal ein persönliches Anliegen ist diese Geschichte zu erzählen und gleichzeitig versuchte er als gewissenhafter Chronist alles so zu dokumentieren wie es auch wirklich war. Eben die persönliche Verbundenheit mit den Objekten und Geschichten macht das ganze so interessant. Eine tolle Familienbiographie!