Rezension

Napoléons Stern - Joséphine

Josephine - Sandra Gulland

Josephine
von Sandra Gulland

Bewertet mit 4 Sternen

Du wirst unglücklich verheiratet sein.
Du wirst Witwe sein.
Du wirst Kaiserin sein.

Die vierzehnjährige Rose kann nicht glauben, was ihr da voraus gesagt wird - und wird eines besseren belehrt. Die von ihrer Tante iniitierte Ehe mit deren Stiefsohn Alexandre de Beauharnais gilt zwar als eine gute Partie, verläuft aber alles andere als glücklich. Alexandre ist ein unsteter Geist in Gefühlsdingen und doch trifft es Rose schwer, als er dem la Grande Terreur zum Opfer fällt. Sie war unglücklich verheiratet. Sie ist Witwe. Als sie den sonderbaren Korsaren Napoleone Buonaparte kennen lernt, ahnt Rose nicht, um welch schicksalhafte Begegnung es sich handelt.

Es ist das zweite Werk, dass ich von Sandra Gulland gelesen habe und ich muss sagen, dass es sich doch sehr vom ersten unterschied. Anhand ihrer (mehr oder weniger) regelmäßigen Tagebucheinträge hat der Leser Einblick in das Leben von Rose, aus der später einmal Joséphine Bonaparte werden soll. Dieser erste Teil von Sandra Gullands "Joséphine-Trilogie" begleitet Rose von ihrem 14. Geburtstag bis zu ihrem 33. Lebensjahr. Meiner Meinung nach gelingt es der Autorin sehr überzeugend, den Wandel des naiven Mädchens aus einer französischen Kolonie Afrikas zu einer Dame von Rang und Namen im europäischen Paris darzustellen. Es fallen viele Namen, einige bekannt aus dem Geschichtsunterricht, andere völlig unbekannt. Ebenso werden viele Orte erwähnt, die für mich nicht immer ganz klar auseinander zu halten waren. Aber auch für den unsteten Leser für mich ist gesorgt - weiter hinten im Buch befindet sich ein Stammbaum von Roses Familie, sowie eine Chronologie der Ereignisse und ein Namensverzeichnis. Wer also wie ich nicht alle Namen auf Anhieb behalten und Kapitel später wieder richtig zuordnen kann, muss sich keine Gedanken machen, den roten Faden zu verlieren. Besonders die Chronologie der Ereignisse hat mir sehr geholfen, da sich die Dinge doch oft regelrecht überschlagen haben. Das war nicht zuletzt deswegen verwirrend, da Rose gelegentlich Tage, manchmal sogar ganze Wochen keinen Eintrag geschrieben hat und die Geschehnisse in der Zwischenzeit dann entsprechend im nächsten Eintrag wieder aufarbeiten musste. Aber die "Lücken" zwischen den einzelnen Tagen empfand ich auch oft als sehr angenehm. Ich musste nicht jede Bewegung, jedes Niesen, jedes Wort von Rose verfolgen, wodurch meine Fantasie genügend Spielraum hatte. Während man beispielsweise die Tagebucheinträge der 30-jährigen Rose gelesen hat, hatte man das Gefühl, dass die der 14-jährigen ein ganzes Leben lang zurückliegen, dabei sind es erst ein paar hundert Seiten. Was vielleicht negativ klingt, habe ich als sehr positiv erlebt - ich habe mich derart auf die Protagonistin einlassen können, dass auch mir ihre Kindheit als jahrelang zurückliegend erschien. Insgesamt ergibt sich doch ein schlüssiges Gesamtbild.
Zu guter letzt muss ich noch einmal Sandra Gullands Talent betonen, sympathische Charaktere zu erschaffen. Als Beispiel seien nur Alexandre, Roses Ehemann, und Tallien, ein Abgeordneter der Versammlung, genannt. Beide haben ihre Schwächen, beide sind alles andere als perfekte Gentlemen und doch erscheinen sie menschlich, ja geradezu liebenswürdig, all ihren moralischen Missetaten zum Trotz.

Ein toller Auftakt zu einer hoffentlich auch weiterhin spannenden Trilogie um das Leben einer ganz besonderen Frau - Joséphine Bonaparte, Napoléons Stern.