Rezension

Nette Grundidee, süße Liebesgeschichte, aber...

Himmlisch verliebt - Annette Weber

Himmlisch verliebt
von Annette Weber

Bewertet mit 2 Sternen

Pro:
Die Grundidee fand ich charmant: ein frischgebackener Schutzengel verliebt sich ausgerechnet direkt in den ersten Schützling. Das klang nach einer ungewöhnlichen Variante der typischen ersten Teenager-Liebe und damit durchaus interessant und originell! Die Autorin hat außer der Liebesgeschichte noch andere Handlungsstränge voller spannender Ansätze einfließen lassen, wie z.B. ein rätselhaftes Computerspiel, hinter dem etwas Unheilvolles zu stecken scheint, so dass eigentlich alle Grundlagen für eine süße, romantische Liebesgeschichte mit ein bisschen Action gegeben scheinen.

Auch die Dynamik zwischen den beiden Protagonisten schien vielversprechend: die liebe, sanftmütige Lilith, die einfach nur ein guter Schutzengel sein will, und der wilde Elias, der die Schule schwänzt und seine Mutter belügt, um den ganzen Tag am Computer spielen zu können.

Aber... Für mich war das Potential leider verschenkt. Dies ist schon mein fünftes Buch von Carlsen im.press, und das erste, dem ich weniger als 3.5 Sterne gegeben habe. (Bisher habe ich durchschnittlich 4 Sterne vergeben, finde das Imprint also eigentlich ziemlich gut!)

Kontra:
Nach Thema und Alter der Protagonisten zu schließen, richtet sich der Roman an Jugendliche so ab 14 Jahren aufwärts, aber dafür fand ich den Schreibstil überhaupt nicht passend. Im Großteil des Buches ist er extrem simpel, mit äußerst kurzen Sätzen, wie man sie sonst eher in Büchern für jüngere Kinder findet. Oft fand ich Szenen, die inhaltlich eigentlich emotional oder spannend waren, dadurch auch seltsam ausdruckslos geschrieben.

Zitat:
"Und jetzt kam auch schon ein großer roter Bus direkt auf sie zugefahren. Der Fahrer bremste nicht. Er sah auch nicht erschrocken aus. Im Gegenteil. Ganz ruhig und gelassen hielt er genau auf sie zu und lächelte dabei. Lilith schrie. Sprang in letzter Sekunde auf den Bürgersteig."

Der männliche Protagonist Elias ist 15 Jahre alt, kam mir aber oft unreifer und kindlicher vor, als ich glaubhaft fand. Wobei das sehr variierte: es gab durchaus Szenen, in denen sein Verhalten und seine Sprache seinem Alter zu entsprechen schienen, aber eben auch viele Szenen, wo dem nicht so war und er mir eher vorkam wie 10 oder 11.

Lilith ist ebenfalls 15, oder zumindest ist sie im Alter von 15 Jahren gestorben. Wann genau das war, wird nicht explizit gesagt, aber sie erwähnt an einer Stelle, dass Privatleute zu dieser Zeit noch keine Computer hatten. Demnach ist davon auszugehen, dass Lilith spätestens Ende der 80er-Jahre gestorben ist - sie denkt und spricht aber wie ein moderner Teenager und nimmt Dinge, die sie eigentlich noch nicht kennen kann (wie Ego-Shooter und Handys) einfach hin, ohne große Neugier zu zeigen.

Beim Lesen ist mir unangenehm aufgefallen, dass das Buch doch ziemlich viele Fehler enthält, sowohl Rechtschreibfehler als auch inhaltliche Ungereimtheiten. So wird zum Beispiel von einer Person erzählt, der etwas Schlimmes passiert ist (mehr will ich noch nicht verraten). Anfangs ist das 6 Monate her, dann auf einmal ein Jahr.

Ein anderes Beispiel: im zweiten Teil des Buches muss Lilith ein Computerspiel betreten, um eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Später wird es dann auf einmal so dargestellt, als habe sie das Computerspiel vor Allem betreten, um Elias Spielfigur berühren und küssen zu können - was für mich keinen Sin macht, da die Beiden das auch im echten Leben relativ problemlos können. Etwa ab da fand ich das Buch inhaltlich immer weniger schlüssig, womit mir die Spannung leider komplett verloren ging.

Am enttäuschensten fand ich aber, dass Lilith ja eigentlich Elias Schutzengel sein soll, und ich wirklich gerne mehr darüber erfahren hätte, wie ein Schutzengel eigentlich "arbeitet". Es ist die Rede davon, sie solle ihn lenken und ihm Angebote machen, ohne sich ihm zu zeigen, es wird aber nicht in einer einzigen Szene wirklich erklärt oder gar gezeigt, wie das gehen soll. Anfangs sitzt sie nur rum, schaut Elias zu und langweilt sich - bis er sie dann sehen kann.

Zusammenfassung:
Das Buch ist mit 132 Seiten ziemlich kurz, man hat es also schnell durchgelesen. Die Liebesgeschichte an sich wird junge Mädchen sicher ansprechen, und durch den einfachen Schreibstil wäre das Buch vielleicht ein guter Einstieg für eher ungeübte Leserinnen oder auch eine nette Schullektüre. Erwachsenen oder Jugendlichen, die viel lesen und dadurch auch mit einem anspruchsvolleren Schreibstil klarkommen, würde ich es eher nicht empfehlen.