Rezension

nicht so spannend, wie erhofft

Léonide - Charlotte Schaefer

Léonide
von Charlotte Schaefer

Bewertet mit 3 Sternen

Die 19-jährige Léonide Géroux will ihrem kranken Bruder helfen. Sie hofft, von dem berühmten und gefürchteten Mediziner Costantini ein Mittel gegen seinen Fieberwahn zu bekommen. Als dieses trotz seines hohen Preises nicht so recht anschlägt, beginnt Léonide Fragen zu stellen: über das Medikament, über den Zustand ihres Bruders und auch über den rätselhaften Alchimisten und stößt dabei selbst an die Grenzen ihrer Kräfte...

Das Buch beginnt sehr vielversprechen d. Charlotte Schäfer gelingt es, den Leser durch ihren flüssigen, bildhaften Schreibstil ins Frankreich des späten 19. Jahrhunderts zu versetzen. Das Leben von Léonides Familie und die Zeit, in der das Buch spielen, werden durch Beschreibungen der Lebensumstände und des Stadtbildes gut vorstellbar.
Auch die Geschichte ist durch den Beginn mit dem rätselhaften Treffen zwischen Léonide und Costantini erst mal sehr spannend. Der Zustand des Bruders, Willem, wird ebenfalls ausführlich beschrieben, womit Leonides Verzweiflung einhergeht und dem Leser vor Augen führt, wie anders heute der Umgang und das Wissen um Krankheiten im Allgemeinen ist.

Leider konnte mich das Buch irgendwann nicht mehr fesseln. Die Geschichte plätschert so vor sich hin, es passiert relativ wenig, stattdessen gibt es seitenweise innere Monologe von Léonide, in denen sie immer wieder von Zweifeln zerfressen wird – immer die gleichen Gedanken (teilweise in sehr ähnlichem Wortlaut) wiederholen sich, ohne dass sie zu einer Lösung kommt.
Zwar gibt die Ich-Perspektive tiefe Einblicke in Léonides Gedanken- und Gefühlswelt, dabei wirkt das sonst so toughe und selbstsichere Mädchen, das sich gern über die Conventionen ihrer Zeit hinwegsetzt, aber nur noch schwach und hilflos, was auf Dauer ziemlich anstrengend zu lesen war.

Auch die Handlung nimmt sehr wirre Züge an. Immer wieder bleibt unklar, welche der mysteriösen Ereignisse Realität sind oder sich nur in Léonides Kopf abspielen.
Das Ende wiederum fand ich dann sehr gelungen und auch überraschend. Dies hat mich zwar versöhnlich gestimmt, konnte aber über den zähen Mittelteil nicht hinwegtäuschen.

Das Buch lässt mich mit sehr gemischten Gefühlen zurück. Wer eine durchweg spannende Geschichte erwartet, wird wohl enttäuscht werden. Die sich regelmäßig wiederholenden Gedankengänge und das ständige Nichtwissen, inwiefern das aktuelle Geschehen real ist, ermüden beim Lesen.
Auf gewisse Weise regt das Buch aber zum Nachdenken an, wie Krankheit oder Tod geliebter Menschen sich auf die Familie auswirken und wie unterschiedlich und folgenreich der Umgang damit sein kann.