Rezension

Nicht so tiefgehend und emotional wie erhofft

Wie wir gehen - Andreas Neeser

Wie wir gehen
von Andreas Neeser

"Wie wir gehen" von Andreas Neeser ist ein eher stilles Buch über den Versuch einer späten Annäherung zwischen Tochter und Vater.

Nachdem ich den Roman gelesen habe, empfinde ich das Cover als ausgesprochen passend und gut gewählt. Es stimmt gut auf die Handlung ein. Ähnlich wie das verschwommene Bild, bleibt auch die Geschichte an vielen Stellen etwas wage und reißt Dinge eher an, als sie ausführlich darzulegen.

Den Schreibstil habe ich als ungewöhnlich empfunden. Es wirkt so, als würde man Mitten in die Geschichte geworfen. Ein eher unaufgeregter, ungeschliffener Schreibstil, der wenig Handlung bietet, umso mehr konzentriert man sich jedoch auf die Dynamiken zwischen den Personen. Und dennoch bleibt die Beziehung zwischen Mona und ihrem Vater Johannes für den Leser eher im Unklaren. Ich hatte mir einen emotionalen Austausch zwischen den beiden erhofft und konnte dies so nicht bestätigt finden.

Mona selbst bleibt bis zum Ende etwas blass. Sie führt zwar durch die Handlung, als Charakter habe ich sie aber nicht richtig wahrnehmen können. Johannes hingegen beginnt man immer mehr zu verstehen und die Auswirkungen seiner Kindheit- und Jugend auf seine Entwicklung nachzuvollziehen. Auch für Mona wird dadurch einiges leichter, sie kann durch die Zusammenhänge mehr verstehen und erkennt den Wert, viel über das Leben der Eltern zu wissen, um sie als Menschen einschätzen zu können. Wie sie es sagt: "Ich verstehe den kleinen Johannes. Und irgendwie verstehe ich auch den großen, der abwiegelt, der die alten Männer schützt, um sich selbst zu schützen."

Die Erzählung ist wie aus dem Leben. Episodenhaft, mal detailliert, mal oberflächlich. Das passt sehr gut zu dem Dialog über die Kassetten. Denn ein echter Dialog findet nicht statt. Mona hört die Kassetten von Johannes ab und beginnt dann selbst drauf zu sprechen. Insgesamt habe ich durchaus das Gefühl, dass es zwischen Mona und Johannes eine Annäherung gibt, dennoch bleibt auch vieles offen. Und so lässt dann auch das Ende viel Raum für Fantasie. Das entspricht nicht ganz meinem persönlichen Geschmack, ist jedoch stimmig zur Geschichte, die insgesamt eher bruchstückhaft ist, wie aus dem Leben gegriffen, wo auch nicht immer alles mit einem perfekten HappyEnd abschließt.

"Wie wir gehen" von Andreas Neeser ist ein leiser Roman mit schönen Passagen. Ich habe das Lesen interessant gefunden und bin überzeugt, dass der Roman so manchen Leser begeistern kann.