Rezension

Reich bedeutet nicht immer glücklich

Die Geschichte der Baltimores - Joël Dicker

Die Geschichte der Baltimores
von Joël Dicker

Bewertet mit 3 Sternen

Toller Erzählstil - Die Gefühle der Protagonisten bleiben jedoch auf der Strecke

Marcus Goldmann ist ein berühmter Schriftsteller, hat jedoch noch nicht richtig mit seiner tragischen Vergangenheit abgeschlossen. Um sein neues Buch über seine Cousins zu schreiben, zieht er in ein Haus in Florida und begegnet prompt seiner ehemals großen Liebe, die er wegen des Dramas in der Vergangenheit auch verlassen hat. So beginnt für Marcus eine Reise in die Vergangenheit und der Leser darf ihn dabei begleiten, wie er sich an die glücklichen Zeiten mit seinen Cousins und seinem Onkel erinnert und langsam die Vergangenheit dabei aufarbeitet.

Das Buch ist aus der Sicht von Marcus in der Ich-Perspektive erzählt, obwohl er sich größtenteils zu einem alles-wissenden Beobachter entwickelt und die Geschichte seiner Cousins so erzählt, als wäre er selber mit dabei gewesen. Gleichzeitig springt die Erzählung immer wieder zwischen Gegenwart und Vergangenheit, was die Spannung noch zusätzlich erhöht.
Der Autor arbeitet gerne mit den dramatischen Hinweisen auf die "große Tragödie" und das gesamte Buch über wird immer wieder der Hinweis gestreut, dass es zu einer großen Tragödie kommt. Dies erhöht die Spannung einerseits, andererseits hat es bei mir dazu geführt, dass ich natürlich total gespannt auf die große Tragödie gewartet habe und dann alles zusammen doch etwas überzogen und zum Teil doch nicht so ganz nachvollziehbar fand.

Gleichzeitig wird die Geschichte erzählt, aber irgendwie fehlen die Gefühle der Beteiligten. Selbst die Emotionen von Marcus werden nicht wirklich erläutert und oft glich die Geschichte für mich einem kühlen Report, der sich zum Teil schon eher erschreckend liest, bei dem aber die Gefühle der Protagonisten einfach nicht näher erläutert werden. Damit war es für mich gerade gegen Ende doch schwer die Beweggründe der einzelnen Figuren so richtig nachzuvollziehen und vieles konnte ich zwar interpretieren und vermuten, aber eine endgültige Bestätigung dafür gab es nicht.

Das Ende ist dann ein richtiger Showdown und die Ereignisse überschlagen sich, so dass man als Leser atemlos an den Seiten hängt. Jedoch muten dann einige der dramatischen Entwicklungen eher seltsam bzw. zum Teil auch unlogisch an und die Erklärungen dafür waren mir persönlich einfach zu wenig.

Auch wenn sich meine Rezension eher negativ anhört, hat mich das Buch doch sehr gut unterhalten und ich habe es sehr gerne gelesen. Der Schreibstil des Autors ist sehr gefällig und sehr angenehm zu lesen und nachdem es sich hier um das erste Buch von ihm handelt, das ich gelesen habe, war ich sehr überrascht, dass er kein Amerikaner ist. So wie er die Lebensstile der Familien Goldmann beschreibt, hätte ich eigentlich darauf gewettet, dass er selber in den USA aufgewachsen ist, aber weit gefehlt.

Von daher alles in allem eine tolle Lektüre, die mich gut unterhalten hat, die jedoch einige Schwächen für mich hinsichtlich der Beschreibung der Gefühle und Motive der Protagonisten enthält. Daher vergebe ich insgesamt drei Sterne.