Rezension

Schicksal im 3. Reich

Alles, was ich bin - Anna Funder

Alles, was ich bin
von Anna Funder

Bewertet mit 4 Sternen

Erzählt wird in diesem Buch das Schicksal von 5 befreundeten Exildeutschen in Großbritannien in den 30er Jahren. Das Geschehen wird aus zwei Perspektiven beschrieben, aus der von Ruth Becker und Ernst Toller, einem Schriftsteller. Ruth ist mittlerweile 95 Jahre alt und an Alzheimer erkrankt. Ihr wird ein Manuskript von Ernst Toller zugeschickt, das in einem Hoteltresor aufgetaucht ist. Dieses Manuskript regt ihre Erinnerung an die Zeit an. Der zweite Strang sind die Erinnerungen von Ernst Toller, wie sie in dem Manuskript erzählt werden. Wir tauchen in das bedrückende Leben dieser Exildeutschen in Großbritannien ein. Der Kampf um das tägliche Leben, die erneute Arbeit im Untergrund, denn natürlich können diese Freunde auch hier nicht darauf verzichten, die Welt über die Ereignisse in Deutschland aufzuklären. Politische Arbeit von Exilanten ist jedoch verboten und kann die sofortige Ausweisung nach Deutschland und damit in die sichere Gefangenschaft bedeuten. Sie versuchen Freunden in Tschechien und Paris zu helfen, die ebenfalls für die USPD arbeiten, zu unterstützen und von diesen Informationen nach Großbritannien zu schmuggeln. Schlimm ist das Schicksal von Ruth, deren Mann Hans die Seiten wechselt und einen Freund an die Gestapo ausliefert. Er ist von der in England von dort agierenden Gestapokräften umgedreht worden und arbeitet jetzt für die Deutschen. Erschreckend ist, und das war mir so auch nicht bekannt, dass die Gestapo in anderen Ländern aktiv war, Leute entführen konnte und diese nach Deutschland verschleppen konnte. Auch dass Großbritannien so massiv jede Berichterstattung über das Geschehen in Deutschland unterbunden hat, war mir neu. Wie wir am Ende erfahren, war die Gestapo auch an dem Tod von Mathilde und Dora schuld, deren Tod wurde zwar auch von den Briten als Selbstmord dargestellt, wir erfahren aber aus späteren Untersuchungen, dass sie ermordet wurden. Eine wirklich erschreckende Geschichte. Leider macht es uns die Autorin nicht wirklich leicht, die Geschichte zu lesen, da die Zeitsprünge und die verwirrende Vermischung der Handlungsstränge das Lesen doch sehr mühsam machen. Die Stärke der Geschichte macht das Buch aber trotzdem sehr lesenswert. Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet und die Atmosphäre ist sehr dicht. Man kann die bedrückende Stimmung in dieser Freundesgruppe sehr gut nachvollziehen, aber auch die Ohnmacht, das Wissen über das Geschehen in Deutschland nicht publik machen zu könne und die Welt zu warnen. Das Buch ist absolut lesenswert, aber nicht ganz einfache Kost.