Rezension

schlecht recherchiert und trotz "Basierend auf einer wahren Geschichten" grosse Fiktion

Der Tätowierer von Auschwitz - Heather Morris

Der Tätowierer von Auschwitz
von Heather Morris

Bewertet mit 1 Sternen

Worum es geht: 

Ludwig "Lale" Eisenberg meldet sich zum Arbeitslager um seine Familie zu schützen. Erst noch optimistisch, in seiner besten Kleidung, merkt er im Viehtransporter schnell, dass er seine Familie wahrscheinlich nicht mehr wiedersehen wird. In Auschwitz angekommen geht es nur noch ums Überleben. Und dafür ist ihm jedes Mittel recht. Hochgearbeitet zum Tätowierer bekommt sein Leben einen neuen Sinn als er die Nummer der wunderschöne Gita eingrafieren soll. 
Diese Geschichte basiert auf den wahren Begebenheiten von Lale Sokolov.  

Meine Meinung:

“Lale makes a vow to himself: I will live to leave this place. I will walk out a free man. If there is a hell, I will see these murderers burn in it.” 

Seit ein paar Jahren bin ich Mitglied eines kleinen privaten Buchclubs. Alle paar Wochen treffen wir uns um über ein von uns gewählten Titel zu reden. Es gibt eine Zweifachmama in der Runde, eine Jounralistin, eine Freelancerin,... Es ist immer noch ein Wunder wenn tatsächlich alle mal das Buch beendet haben, wenn wir uns sehen. Das Leben und die Arbeit kommen sooft dazwischen. 
Der Tätowierer von Auschwitz ist eines der wenigen Bücher das ALLE beendet haben. Während wir einstimmig die Handlung für sehr mitreissend fanden, und dank der vielen Dialoge, liest sich der Tätowierer von Auschwitz schnell weg. Dies ist allerdings ein grosser Kritikpunkt. Heather Morris hatte die Geschichte als Drehbuch konzipiert, und so liest es sich leider auch. Schriftstellerisch keine grosse Leistung. Dazu kommt, dass sie der Spannung halber auch Sachen dazugedichtet hat. Da es sich um die Memoiren von Lale handelt, gespickt mit Fiktion, ist ausserdem schnell klar, dass Lale versucht sich im besserem Licht darstellen zu lassen. Viele seiner angeblichen Überlegungen kamen mir unglaubwürdig vor.

"How can someone do this to another human being? He wonders if for the rest of his life, be it short or long, he will be defined by this moment, this irregular number: 32407.” 

Neben dem Überleben denkt er nur an Frauen, und wie sehr er Frauen liebt, wie er an seiner Mutter das flirten übte, um Frauen zu verführen und was man alles tun sollte um Frauen für sich zu gewinnen. Mehrfach bringt er Gita in Gefahr, weil, ER ist ja verliebt. Er ist der Frauenversteher schlechthin. 
Ich hatte das grosse Glück 2005 mit der Schule einen Ausflug nach Auschwitz machen zu dürfen. Mit einem Überlebenden durchstreiften wir das Lager. Mehrfach wird im Buch nebenbei erwähnt, dass Lale von Birkenau nach Auschwitz ging, zu Fuss, um zu Arbeiten. Das ist ein Satz, ohne weitere Erklärung. Wer noch nicht da war: es sind 2,3 KM. Der eine Satz hat mich stutzen lassen mit einem "Der Arme... und das jeden Tag" da ich die Distanz kannte aber die Autorin geht so schlecht darauf ein, dass jemand der keine Ahnung hat, auch am Ende der Lektüre keine haben wird. Im Grossen und Ganze fand ich Morris sehr Detailarm was das Lager angeht. Ich hatte Glück, dass ich wusste wie es aussieht, mir ein Bild machen konnte. Morris beschreibt Auschwitz und Birkenau wie jemand der es mal gegoogelt hat. Atmosphäre gibt es hier nicht. Die Autor rast durch die Jahre, von Tortur spürt man nur selten etwas. Die meisten Zeit liest es sich als befinde sich Lale in einem Ferienlager, so wie er sich aufführt.
Versteht mich nicht falsch, ich habe das Buch in 2 Tagen inhaliert. Voller Spannung habe ich weitergelesen um rauszufinden wie die beiden den nun raus kamen. Die Geschichte ist gut, nur die Umsetzung nicht. 
Bei so vielen Überlieferungen von Überlebenden frage ich mich wieso ausgerechnet dieses so viel Aufmerksamkeit bekommen hat. 

Das Auschwitz Museum sagt dazu: 
"Infolge der Menge von Unrichtigkeiten in dem Roman, kann "Der Tätowierer von Auschwitz" nicht als wertvolle Quelle für ein Verständnis des Nazi-Konzentrationslagers empfohlen werden. Das Buch ist zwar der Eindruck von Auschwitz einer nichtjüdischen australischen Erzählerin, angeblich angeregt durch eine "wahre Geschichte", wie aus dem Umschlag hervorgeht, es ist jedoch als Dokument für das, was in Auschwitz vor sich ging, praktisch wertlos."