Rezension

Sean Duffy in der fünften Runde

Rain Dogs - Adrian McKinty

Rain Dogs
von Adrian McKinty

Die Sean Duffy-Reihe des nordirischen Autors Adrian McKinty, mit das Beste, was es momentan im Krimibereich gibt, geht mit „Rain Dogs“ in die fünfte Runde, und wie bereits bei dem Vorgänger „Gun Street Girl“ ist der Titel einem Song (und einem Album) des amerikanischen Musikers Tom Waits entlehnt.

Ein „rain dog“ ist, wie der Begriff ahnen lässt, ein Hund im Regen, dessen größter Wunsch es ist, den Weg nach Hause zu finden, was ihm aber nicht möglich ist, da der Regen alle Spuren weggewaschen hat. Im übertragenen Sinne wird er für die Menschen, die ihr Heim verloren haben, auf der Straße leben und nichts haben als die Erinnerungen an bessere Zeiten, verwendet.

Nordirland, Ende der achtziger Jahre, die gewaltsamen Auseinandersetzungen („Troubles“) zwischen Katholiken und Protestanten dauern mittlerweile fast zwanzig Jahre an. Noch immer gehört es zur täglichen Routine von Sean Duffy und seinen Kollegen bei der Polizei den Unterboden ihrer Fahrzeuge nach angebrachten Bomben zu checken. Das Land ist meilenweit von der Normalität entfernt, die allgegenwärtige Gewalt bestimmt den Alltag. Die anhängigen Fälle sind jetzt auch nicht so der Kracher, oder kann man die Suche nach der verschwundenen Brieftasche eines finnischen Geschäftsmanns als den Raub des Jahrhunderts bezeichnen? Aber wenn der Vorgesetzte mit Nachdruck darauf besteht, dass man sich des Falls annehmen muss, weil der Finne Jobs nach Nordirland bringen könnte, kann er den Befehl schwerlich verweigern.

Nichts Neues unter der Sonne also, außer der Tatsache, dass Duffys Privatleben einmal mehr in Trümmern liegt, weil sich seine Freundin von ihm getrennt hat. Aber da gibt es ja diese attraktive Reporterin, bei der er sich Chancen ausrechnet. Aber auch daraus wird nichts, denn am nächsten Morgen wird ihre Leiche in Carrickfergus Castle gefunden. Die erste Vermutung geht Richtung Selbstmord, aber die Ergebnisse der Gerichtsmedizin lassen anderes vermuten. Und nachdem Duffy feststellt, dass das Notebook der Journalistin verschwunden ist, gehen bei ihm die Alarmglocken an. Offenbar war die Journalistin einer großen Sache auf der Spur, und es gibt Kräfte, die mit aller Macht die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse verhindern wollen. Und diese Menschen schrecken auch nicht vor Mord zurück. Aber Duffy wäre nicht der, der er ist, wenn er sich nicht mit aller Macht in diesen Fall verbeißen würde, ganz gleich, ob er sich damit selbst in Gefahr bringt, wenn er die schmutzigen Verstrickungen und Geheimnisse der politischen und wirtschaftlichen Elite des Landes im Laufe seiner Ermittlungen enthüllt.

Es erstaunt mich immer wieder, wie es Adrian McKinty schafft, in jedem seiner Troubles-Romane dieses hohe Niveau zu halten. Die messerscharfen Dialoge, gepaart mit dem Zeitkolorit und den gesellschaftspolitischen Themen, die so ganz nebenbei eingeflochten werden, einfach genial. Ich bin ein bekennender Fan, gerade weil McKinty es wie kaum ein anderer Autor versteht, seine Leser im wahrsten Sinne des Wortes mit auf die Reise zu nehmen – nicht nur nach Belfast, sondern auch in diese Zeit der Troubles. Er kreiert mit wenigen Sätzen diese ganz besondere Atmosphäre, wie beispielsweise in dem Eingangskapitel mit Ali, dessen Gang durch die Menge man beim Lesen bildlich vor Augen hat. Dazu kommen die immer wieder eingestreuten Songtitel sowie die Erwähnung realer Personen, die dem Geschriebenen Authentizität verleihen.

Und es geht weiter. „Police at the station and they don’t look friendly” (Duffy, Bd. 6) ist im Original bereits erhältlich. Ich hoffe nur, dass der Verlag den Titel beibehält.