Rezension

Seichter Unterhaltungsroman ohne Tiefgang

In Zeiten der Liebe und des Krieges - Michael Wallner

In Zeiten der Liebe und des Krieges
von Michael Wallner

Bewertet mit 2.5 Sternen

Schon mit der Wahl des Covers erscheint der im Februar im Piper-Verlag veröffentlichte Roman „In Zeiten der Liebe und des Krieges“ des österreichischen Theaterregisseurs und Schriftstellers Michael Wallner (60) nicht unbedingt als anspruchsvolle Lektüre. Tatsächlich entwickelt sich auch erst im zweiten Teil eine gewisse Spannung, die in den Kriegswirren von 1914/1915 ihren Höhepunkt findet. Gemessen an Wallners Bestseller „April in Paris“ (2006), der immerhin in über 20 Sprachen übersetzt wurde, ist sein neuer Roman enttäuschend.

Wallner beginnt seine „Korff-Saga“ im Vorkriegsjahr 1912. Die Wiener Oberschicht ist in ihrem operettenhaft erscheinenden Alltag erstarrt. Abendgesellschaften, Sommerpartys und geistloser Smalltalk bestimmen ihr Leben. Ebenso oberflächlich erschöpft sich darin leider auch der Roman, obwohl der Autor einige für die damalige Zeit wichtige Punkte anreißt: Da gibt es die jüdische Bankiersfamilie Hahn, die trotz ihres Reichtums im katholisch-konservativen Kaiserreich angesichts des latent vorhandenen Antisemitismus' um gesellschaftliche Anerkennung buhlen muss. Die inzwischen mit einem Katholiken verheiratete Tochter Lydia durfte als junge Frau trotz ihrer Begabung nicht an einer Universität studieren. Ihr Ehemann Maxim Korff ist der Prototyp des neureichen Geldadels, der wiederum vom alten Adel nicht als ebenbürtig anerkannt wird.

So historisch interessant diese und andere Stichpunkte sind, bleiben sie leider nur Randbemerkungen, weshalb es dem Roman sehr an Tiefe fehlt. Stattdessen arbeitet der Autor mit altbekannten Klischees: Der macht- und geltungshungrige Industrielle Maxim Korff hat eine Affäre mit der Ehefrau seines Kompagnons und bändelt später mit seiner Hausdame an. Ehefrau Lydia wiederum flieht in die Arme eines mittelmäßigen Tenors. Einen Familienskandal gibt es natürlich auch, als sich Korff-Sohn Philipp in seine Hahn-Cousine Alexandra verliebt. Doch diese Affären und Skandale dürfen den Kreis der Familie nicht verlassen, weshalb nach außen „heile Welt“ vorgegaukelt wird.

Plätschert Michael Wallners Roman über viele Seiten locker dahin, gewinnt er erst mit dem Attentat in Sarajevo und dem Kriegsbeginn 1914 etwas an Dramatik. Die Österreicher sehnen diesen Krieg als reinigenden Gewitterregen herbei, der ihr Kaiserreich aus seiner politischen und gesellschaftlichen Erstarrung zu lösen verspricht. Doch schon bald zeigt sich das wahre Bild des Krieges, als die einst freudetaumelnden Soldaten in Särgen oder schwerverwundet nach Wien zurückkehren. Das Operetten-Österreich beginnt, sich aufzulösen.

Michael Wallners erster Band seiner Korff-Saga bleibt trotz einiger historisch interessanter Aspekte leider nur ein leichter Unterhaltungsroman ohne Tiefgang. Im Februar 2019 soll der zweite Band „Als die Hoffnung uns gehörte“ folgen. Dann werden wir Junior Philipp Korff im New York des Jahres 1923 erleben.