Rezension

Selbstfindung

Bei den Wölfen - Sarah Hall

Bei den Wölfen
von Sarah Hall

Bewertet mit 4 Sternen

Die gebürtige Engländerin Rachel Caine, Biologin, arbeitet als Expertin für Wölfe in Idaho. In ihre Heimat England wollte sie nie wieder zurückkehren, denn ihre Kindheit war alles andere als rosig, allein mit ihrem jüngeren Bruder bei der Mutter aufgewachsen, musste sie sich immer um den Jungen kümmern, da ihre Mutter ihrem eigenen schillernden Leben nachging. Als der Earl, Thomas Pennington, sie auffordert, an seinem eigenen, privaten Wolfsprojekt teilzuhaben, lehnt sie zunächst ab. Doch als ihre Mutter unerwartet verstirbt und Rachel zu allem Überfluss feststellt, dass sie von ihrem besten Freund schwanger ist, kehrt sie doch nach Hause zurück und nimmt den Job beim Earl an. 

Meine Meinung:

Wölfe üben auf den Menschen Faszination aus und so war es auch um mich geschehen, als ich von dem Buch erfuhr, denn ich wollte definitiv mehr über das Leben einer Wolfsexpertin und deren Umgang mit diesen Tieren erfahren. Allerdings geht es hier in erster Linie doch um Rachel und deren Leben und eher nebenbei um die Wölfe. Trotzdem hat mir das Buch gleich von Beginn an recht gut gefallen,  denn die Autorin verfügt über einen extrem bildgewaltigen Schreibstil, ihre Sprache setzt sofort Bilder im Kopf frei, so dass ich mir wunderbar die Umgebungen vorstellen konnte. Zwar finde ich Texte, die in der Gegenwart geschrieben sind vom Stil her eher etwas schwieriger, hier passte es aber hervorragend zum Inhalt. Der Plot wechselt zwischen fesselnden Szenen, gerade wenn es um die Wölfe geht, und ruhigeren Begebenheiten ab, so gab es zwar beim Lesen die ein oder andere kleinere Länge, die mich aber im Lesefluss nicht stören konnte. 

Erzählt wird die Geschichte von einem Erzähler, der mir gerade die Landschaften näher bringen konnte, die Personen an für sich bleiben mir ein wenig zu wenig greifbar.

Rachel steht in diesem Buch absolut im Vordergrund, mir persönlich fiel es zunächst recht schwer, mich an die, zu Beginn des Buches doch sehr distanzierte Protagonistin, zu gewöhnen. Sie geht ihre eigenen Wege, mag ihre Unabhängigkeit und will sich nicht verpflichten. Doch mit der ungewollten Schwangerschaft beginnt auch Rachel sich zu verändern. Das sie davon wenig begeistert ist, passt zu ihrer Person hervorragend, aber es gibt auch die ausschlaggebende Entwicklung in der Geschichte. Als alleinerziehende Mutter, die trotzdem ihren Beruf, der ihre größte Leidenschaft ist, weiter ausüben will, muss sie beginnen, ihr Leben umzustricken. Aus dem einsamen Wolf Rachel muss eine Mama werden und es fällt ihr zunächst noch sehr sehr schwer, in diese Rolle hineinzufinden. So nach und nach entwickelt sich Rachel weiter und beginnt auch die ein oder andere Beziehung einzugeben, wie z. B. zu ihrem Bruder.

Neben Rachel gibt es hier natürlich auch so einige andere interessante Nebencharaktere, unter anderem den Earl, der zunächst doch so eine Mischung aus arrogant und verrückt verkörpert. Er will "seine" Wölfe wieder aussiedeln, am liebsten in Cumbria, seiner Heimat. Cumbria liegt auf der Grenze zwischen England und Schottland und die Autorin gibt auch hier einen sehr interessanten Aspekt auf die politischen Hintergründe, denn Cumbria kämpft für seine Unabhängigkeit.

Mein Fazit:

Die Autorin besticht durch ihren wirklich unglaublichen, bildgewaltigen Schreibstil, der mich schon so manches mal inne halten ließ, um nach der Landschaft im Internet zu suchen. Ich persönlich hätte mir hier einfach noch mehr zu dem Thema Wölfe gewünscht, die hier leider doch zu sehr im Hintergrund stehen. In erster Linie geht es um die Biologien, zu der ich nur schwer eine Beziehung aufbauen konnte, für mich bleibt sie recht unergründlich. Trotzdem konnte mich die Geschichte fesseln und brachte interessante und auch recht ungewöhnliche Abwechslung. Das Buch bekommt von mir eine Leseempfehlung!