Rezension

Selbstverwirklichung und Selbsttäuschung

Austrian Psycho -

Austrian Psycho
von Malte Herwig

Bewertet mit 4 Sternen

Menschliche Abgründe tun sich auf. Die Sprache fesselt, dies ist dem Autor und vor allem Unterweger selbst zu „verdanken“. Hart, offen, schonungslos spricht er selbst und spricht man über ihn. Und das eben in dem Maße, nur diesmal anders herum. Nur er konnte sich richtig einschätzen, nicht in „Fegefeuer“, nur wenn er mit den Frauen ganz allein war natürlich. Daher wird ihm dieses Buch, trotz großer Bemühung und Recherche wieder nicht gerecht. Es macht das Buch aber zu einer „musthave“ Ergänzung zu bekannten Dokumentationen und Einzelinterviews, die sich mit Unterweger beschäftigen.
Als Leser schwankt man ständig zwischen Neugier und Entsetzen. Ich mag nicht in der Haut derer stecken, die ihn so anders eingeschätzt und sich für ihn eingesetzt haben.
Ein bitterer Beigeschmack bleibt allerdings. Nichts kann verhindern, dass so etwas wieder passiert  und es geschieht ja auch immerzu aufs neue: Täuschen und getäuscht werden, das „Gute“ im anderen sehen, wo für andere nichts zu erkennen ist. Verbohrtheit trifft auf Psychopathie. Beides ist menschlich, wie viel davon ist erworben, wie viel war schon immer da? Ein Mensch ändert sich nicht. Das ist die unglaubwürdige Wahrheit und diese Erkenntnis lässt den Leser zurück. Wer denkt, ihn könne niemand so täuschen, der hat vielleicht das Buch nicht verstanden, wie auch, kennen wir doch solche Charaktere nicht. Oder vielleicht doch und wissen es nur nicht?