Rezension

Spannend und bewegend, berührend und packend – ein Jugendbuch zum Nachdenken

Die Unausstehlichen & ich - Das Leben ist ein Rechenfehler - Vanessa Walder

Die Unausstehlichen & ich - Das Leben ist ein Rechenfehler
von Vanessa Walder

Einfach ein rundum tolles Buch, das auch eine sehr gute Pflichtlektüre in der Schule abgeben würde!

„Always know you´re right, love.“ (S. 167)

 

Meine Meinung:

Die 11jährige Enni Alser hat schon vieles durchmachen müssen, seit sie ihre Eltern vor drei Jahren bei einem Unfall verloren hat. Heim um Heim, Pflegefamilie um Pflegefamilie – immer wurde Enni weitergereicht. Erst als die Haagens sie aufnehmen, scheint es für Enni endlich wieder einen festen Platz im Leben zu geben. Und ihr neuer Pflegebruder Noah fühlt sich wie ein richtiger Bruder an, der mit ihr durch Dick und Dünn geht. Doch dann gibt es auch für die Haagens eine unerwartete Wendung in ihrem Leben und Enni droht erneut, ihren noch so frischen Halt im Leben zu verlieren…

 

Seit dem „wilden Määäh“ sind wir große Fans der Bücher von Vanessa Walder, die es immer wieder schafft, spannende Geschichten auch ohne Gewalt und „Special Effects“, dafür mit umso mehr Tiefgang zu schreiben. Mit „Die Unausstehlichen & ich“ hat sie sich nun kein leichtes Thema ausgesucht. Obgleich wir das Glück haben, in einer absoluten Wohlstandsgesellschaft zu leben, gibt es auch bei uns Kinder, für die es keinen dauerhaften und behüteten Platz im Leben zu geben scheint. Mit Enni lernen wir hier ein Mädchen kennen, das unglaublich viel durchmachen musste und schon früh nicht mehr Kind sein durfte („Du bist nie sicher, solang du noch was zu verlieren hast.“ - S. 138). So erinnert Enni auch mehr an eine 16jährige Jugendliche als an ein 11jähriges Kind. Sie ist eine Einzelkämpferin, taff, niemals um ein Schimpfwort verlegen, ständig auf der Hut und verdammt gut im Planen. Doch wenn ihr rot vor Augen wird und das Rauschen in ihren Ohren ertönt, wird Enni nahezu unberechenbar. Aber vor allem anderen ist Enni eines: absolut liebenswert - und so haben wir sie auch gleich ins Herz geschlossen!

 

Die Geschichte nimmt so richtig an Fahrt auf, als Enni einmal mehr ein neues „Zuhause“ bekommt. Diesmal ist es das Halbinternat Saaks, das einsam auf einer Bergspitze thront, nur erreichbar über eine Seilbahn oder einen anstrengenden Wanderweg durch den finsteren Fenriswald (ja, hier ist der Name Programm!). Dieses Setting ist wunderbar gelungen – abgeschieden gelegen, elitär und ein Hauch geheimnisvoll. Und zudem sind hier auch noch Schimpfworte verboten! In diesem kleinen Mikrokosmos treffen wir auf weiter besondere Kinder wie etwa den im Rollstuhl sitzenden Dante Benjamin Dahlem („Dante scheint im Dunkeln zu leuchten. Seine Haut ist fast so *** golden wie seine Haare und seine Augen sprühen Funken.“ S. 195), den schweigsamen und verschüchterten Karan Abbas oder auch den quirligen kleinen Lucky, der eine freche Zahnlücke und eine weniger praktische „Diätis“ hat und darüber hinaus über ein ganz besonderes Talent verfügt. Aber nicht nur ihre neuen Mitschüler sind ganz besondere Figuren, auch das Personal ist hier nicht alltäglich. Angefangen bei der irgendwie merkwürdigen Direktorin Nadin Halbach, über einen Deutschlehrer, der im Tupac-Shirt Gedichte rappt bis hin zum Hausmeister Ahmet Armut, der eine Krawatte trägt und schon mal einen Orden bekommen hat. Dieses Internat ist wirklich ein ganz besonderer Ort, an dem bei weitem nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint… So hat uns die Geschichte auch schnell in ihren Bann gezogen und wir haben „Die Unausstehlichen“ gebannt bis zum Ende dieses ersten Abenteuers begleitet, das eigentlich so gekommen ist, wie wir es uns auch gewünscht haben. Allerdings bleiben einige zentrale Geheimnisse ungelüftet und manche Fragen unbeantwortet. Da es sich um den ersten Band einer neuen Reihe haben, ist das aber mit Sicherheit Absicht und es gibt sehr viel Potenzial für die Folgebände („Irgendwas stimmt nicht in Saaks und die *** Lüge bröckelt“ - S. 209)!

 

Über das gesamte Buch hinweg gelingt es Vanessa Walder scheinbar mühelos, stets die richtige Balance zwischen einem unterhaltsamen Kinder- & Jugendbuch und ernsten, tiefgehenden Themen zu halten. Ennis Schicksal macht mich als Leser schon betroffen und regt zum Nachdenken an. Es geht um Ungerechtigkeit und das Leben mit all seinen Schattierungen und Schicksalsschlägen. Gleichzeitig vermittelt diese Geschichte auch Hoffnung und verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig Mut, Zuversicht und Zusammenhalt sind. Es geht um Selbstvertrauen und auch um Vertrauen in Andere. Es geht um Freundschaft und Familie, Glück und Verlust. Es geht darum, dass jeder Mensch seinen eigenen Platz im Leben verdient hat.

 

Und so gibt Vanessa Walder ihren Lesern einen wertvollen Ratschlag mit auf den Weg: „Always know you´re right, love.“ (S. 167)

 

FAZIT:

Einfach ein rundum tolles Buch, das auch eine sehr gute Pflichtlektüre in der Schule abgeben würde!