Rezension

Spannende, etwas andere Liebesgeschichte

On Chesil Beach - Ian McEwan

On Chesil Beach
von Ian McEwan

Ein junges, unerfahrenes Paar, eine bevorstehende Hochzeitsnacht, diverse unaussprechliche Ängste und Erwartungen – für unsere sexuell emanzipierte Generation ist diese Situation kaum vorstellbar. Für Edward und Florence im Jahr 1962 ist das allerdings die Realität. Sie haben gerade geheiratet und sind kurz davor, in einem Hotel ihre erste gemeinsame Nacht zu verbringen. Während Edward sich nur mit Versagensängsten quält, ist für Florence der Gedanke an körperliche Liebe allgemein abstoßend. Und da ein Gespräch über die Situation unmöglich scheint, steuern die beiden Schritt für Schritt auf die unvermeidbare Katastrophe zu.

Sehr einfühlsam zeichnet Ian McEwan das junge Paar, beschreibt abwechselnd ihr Innenleben. Er führt den Leser auch in die Vergangenheit des Paares, erzählt von der jeweilige Kindheit und dem Kennenlernen. Gerade einmal 166 Seiten braucht er dafür, weshalb “On Chesil Beach” auch eine unheimlich dichte Erzählung ist, vollgepackt mit Gefühlen und Gedanken, die mich als Leser mitgerissen haben, obwohl die ganze Situation aus meiner heutigen Sicht schwer vorstellbar ist. Ian McEwan versetzt sich gleichermaßen in die Lage von Florence und von Edward und vermittelt die unterschiedlichen Sorgen der beiden sehr nachvollziehbar.

Mir hat “On Chesil Beach” sehr gut gefallen, die eher knappen Erzählungen aus der Vergangenheit, bei denen man zwischen den Zeilen lesen muss, ergänzen sich gut mit der Ausführlichkeit des Hochzeitstages. Nach “Abbitte” war dies mein zweites Buch von Ian McEwan, aber sicher nicht mein letztes.