Rezension

Spannende Unterhaltung vor gut recherchiertem historischem Hintergrund

Die Jesuitin von Lissabon - Titus Müller

Die Jesuitin von Lissabon
von Titus Müller

Bewertet mit 5 Sternen

Als ich dieses wunderschön gestaltete Buch zur Hand nahm, war ich sehr gespannt, denn ich habe vor einiger Zeit die Todgeweihte von Titus Müller mit Begeisterung gelesen.

Dieses Mal entführt uns Titus in das Portugal des 18. Jahrhunderts, die Jesuiten sind sehr mächtig und beherrschen die blühende Stadt. Am 1. November 1755 wird sie durch ein verheerendes Erdbeben völlig zerstört und bis zu 100.000 Menschen verlieren ihr Leben. Die Jesuiten versuchen durch diese Katastrophe ihre Macht zu vergrößern, allen voran Gabriel Malagrida, der charismatische und sehr grausame Anführer des Ordens. Sein Gegenspieler ist sein ehemaliger Schüler und rechte Hand Antero Moreira. Es kommt zu einem erbitterten und spannenden Machtkampf zwischen den Beiden, dessen Ausgang sehr lange ungewiss ist.

Schon ganz zu Beginn wird Spannung aufgebaut, denn die einzelnen Charaktere treten nach und nach in Erscheinung und erst nach einiger Zeit wird erkennbar, welche Rolle sie spielen und in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Hier wurde ganz bewusst auf die Auflistung der wichtigsten Personen verzichtet, was ich im Nachhinein sehr gut verstehen kann. Die einzelnen Charaktere werden sehr gut beschrieben, so dass man sofort Bilder von ihnen im Kopf hat. Die beiden Hauptfiguren Antero und Leonor sind mir sehr sympathisch und ich habe die ganze Zeit mitgefiebert und vor allem auch mitgelitten. Mehr als einmal standen mir die Tränen in den Augen.

Die Liebesgeschichte, die für mich in keinem Buch fehlen darf, wird sehr behutsam in die Geschichte eingebaut, im Vordergrund stehen die geschichtlichen Ereignisse und die wissenschaftlichen Hintergründe. Man merkt beim Lesen immer wieder, wie gründlich im Vorfeld recherchiert wurde und die Fakten wurden so schön verpackt, dass es auch für mich als Laien nicht langweilig wurde.

Mit sehr viel Fingerspitzengefühl werden die Ängste und die Verzweiflung der Menschen in der damaligen Zeit beschrieben, die Ereignisse nehmen Gestalt vor dem inneren Auge an, die Erzählweise ist so bildhaft, dass man das Schwanken unter den Füßen spürt, der Rauch der brennenden Stadt in der Nase beißt.

Die bildhafte und lebendige Sprache, zwischendurch gespickt mit wunderschönen Sätzen, die man sich am liebsten aufschreiben würde, hat mich sehr begeistert. Dieses Buch hebt sich sehr wohltuend von dem sehr verbreiteten historischen Einheitsbrei ab und bietet spannende Unterhaltung vor einem gut recherchierten geschichtlichen Hintergrund, ich kann es jedem Liebhaber von guten historischen Romanen empfehlen.