Rezension

Spurlos verschwunden?

Die Verlassene - Mary Torjussen

Die Verlassene
von Mary Torjussen

Als die Wirtschaftsprüferin Hannah von einer Fortbildung nach Hause kommt, kann sie es im ersten Moment gar nicht verstehen, denn in der Wohnung, die sie sich mit ihrem Lebensgefährten Matt teilt, fehlt auf einmal jede Spur von ihm. Wirklich jede Kleinigkeit scheint verschwunden, seien es seine CD's oder seine Bettwäsche, die Fotos in der Vitrine und auf dem Handy und sogar die Handynummer wurde geändert. Alles ist so, als hätte es ihn nie gegeben. Hannah fällt in ein tiefes Loch und beginnt wie besessen, nach Matt zu suchen, egal was es kostet, sie will wissen, was geschehen ist.
Meine Meinung:
 Ich muss sagen, dass mir der Einstieg in diesen Psychothriller recht gut gelungen ist, denn gerade am Anfang ist die Handlung noch äußerst spannend und interessant zu verfolgen. Der Schreibstil der Autorin hat mir gut gefallen, er ist leicht verständlich und flüssig und lässt den Leser an den Handlungen teilhaben. Allerdings habe ich hier so ein bisschen den Aspekt des Psychothrillers auf weiten Teilen vermisst und konnte dies erst recht weit am Ende nachvollziehen. Nach ca. 80 Seiten wurde die Handlung dann auch eher etwas nervig, was hier wohl aber auch deutlich an dem Verhalten der Protagonistin Hannah liegt, die sich in ihren Gedanken immer wieder im Kreis dreht. Dadurch wird zwar auf der einen Seite alles durchaus glaubhaft, wie z. B. der Zwang den die Protagonistin verspürt Matt zu finden, aber auch ihre Bessesenheit von ihm, auf der anderen Seite sind diese ständigen Wiederholungen etwas mühsam und langatmig.
Ich bin auch ein wenig hin und hergerissen, auf der einen Seite fand ich es durchaus spannend zu verfolgen, wie eine rational denkende Frau plötzlich in völlig konfuse Handlungen verfällt und dabei wirklich wie eine Bessesene erscheint, zum anderen konnte ich dieses Verhalten einfach nicht nachvollziehen. Mir gelang es hier nicht, eine Beziehung zu Hannah aufzubauen, denn ihr gesamtes Verhalten ist einfach unverständlich für mich. Recht weit am Ende nimmt die Story dann plötzlich einige Wendungen mit denen die Autorin mich durchaus verblüffen konnte und die die gesamte Geschichte dann auch wieder "retten" konnten.
Durch die Erzählperspektive in der Ich-Form durch Hannah, kann man langsam, aber sicher nachverfolgen, wie sie langsam immer mehr ihren Zwangshandlungen verfällt. Sie kümmert sich um ihre eigene Bedürfnisse gar nicht mehr und alles scheint nur noch Matt zu sein, sei es im Büro oder auf der Straße.
Hannah ist eine äußerst schwierige Protagonistin, wobei sie mir am Anfang noch relativ sympathisch war, ein bisschen zu sehr Karrierefrau, aber irgendwo vertretbar. Die Entwicklung, die sie hier nimmt, habe ich ja bereits beschrieben, allerdings machte sie mir das immer unsympathisch und anstelle, dass ich mit ihr Mitleid hatte, hätte ich sie lieber geschüttelt und angeschrien. Doch auch dabei braucht der Leser Geduld, denn insgesamt gibt es eine gelungene Auflösung. Die Nebencharaktere lernt man zum großen Teil nur oberflächlich kennen, bis auf die beste Freundin Katie. Doch auch Katie wurde mir alles andere als sympathisch und kam mir wie ein extrem kaltherziger Mensch vor. Wie man mit ihr befreundet sein wollte, war mir ein Rätsel.
Alles in allem ist bei diesem Thriller Geduld von Vorteil, denn das Ende hat einen absoluten oh, so ist das-Effekt. Allerdings kann ich hier einfach nicht zu viel zu schreiben, da ich dann noch viel zu viel zum Inhalt verrate.
Mein Fazit:
Dieses Debüt lässt mich rundum zwiegespalten zurück, denn irgendwo war es doch spannend, da man einfach wissen wollte, was denn nun mit dem verschwundenen Matt geschehen ist. Allerdings wurden die Wiederholungen, die zwar zu der psychischen Verfassung der Protagonistin passen, recht mühsam. Dieser Part hätte einfach kürzer gehalten werden müssen, da es einfach nur langweilig war, Hannah bei immer wiederkehrenden Handlungen zuschauen zu müssen. Dafür konnte das Ende dann wieder absolut punkten und verblüffen. Für ein Debüt war es gut, gerade der Schreibstil hat mir gut gefallen, allerdings hätten ein paar spannende Wendungen dem Geschehen mehr Würze verliehen. Ich rate hier einfach mal ins Buch zu schnuppern, denn ich denke, dass es einige Leser gibt, denen dieses Buch gefallen wird.