Rezension

Tiefgründig und berührend

Fünf Kopeken - Sarah Stricker

Fünf Kopeken
von Sarah Stricker

Kurzbeschreibung: "Meine Mutter war sehr hässlich. Alles andere hätte mein Großvater ihr nie erlaubt. 'Doofsein kannst du dir mit dem Gesicht wenigstens nicht erlauben', sagte er, und wie mit Allem im Leben hatte er natürlich auch damit recht. Also machte meine Mutter das, was sie am besten konnte: alle stolz. Mein armer Großvater konnte sich kaum entscheiden, welche ihrer tollen Begabungen das gesamte Gewicht seiner übersteigerten Erwartungen am meisten verdiente. Das Einzige, wozu meiner Mutter leider völlig das Talent fehlte, war die Liebe." Dass die Mutter der Erzählerin ein Wunderkind ist, das steht schon vor ihrer Geburt fest - mehr Wunder als Kind, denn von der Kindheit hält der Großvater fast noch weniger als von der Schönheit. Beides steht ihm nur im Weg bei dem Plan, mit seiner Tochter und dem Modegeschäft das zu schaffen, was ihm als Wehrmachtsoffizier nicht mehr gelungen ist: die Welt zu erobern. Gefühle gewöhnt er ihr dabei vorsorglich ab. Hochintelligent, hochbegabt und nur ganz heimlich hochgradig einsam, ist die Mutter auf dem besten Weg, genau das Leben zu führen, das er sich für sie ausgedacht hat - als die Liebe mit einem Mal doch zuschlägt, und das mit einer solchen Wucht, dass die Mutter ein halbes Leben braucht, um sich davon zu erholen."

Das Buch handelt von einer Mutter, die Sterben liegt und der Tochter ihre Lebensgeschichte erzählt. Diese handelt nicht von den klassischen Geschichten die man in Büchern oft liest sondern von einer sehr harten Kindheit und wie sich diese auf das weitere Leben ausgewirkt hat. Die Mutter erzählt von einer Kindheit mit einem sehr anspruchsvollen Vater, welcher die Tochter zu Höchstleistungen drillt und von einer jammernden Mutter ohne eigener Meinung, welche das Kind überbehütet. Es war eine einsame Kindheit ohne Liebe und ohne Freunde.

Das Buch wird aus der Ich-Perspektive der Tochter geschildet. Sarah Strickers Schreibstil lässt keineswegs keinen Debütroman vermuten. Er ist reif, ausdrucksstark und wortgewand, witzig und dann wieder unglaublich berührend. Der Stil ist durch die Schachtelsätze zwar anspruchsvoll, aber denoch angenehm. Kurz: Schon allein (oder vor allem?) der Schreibstil sorgt für ein echtes Lesevergnügen!

Die Charaktere sind ebenso ausgereift wie der Schreibstil. Sie wirken authentisch und haben etwas besonders. Kein Charakter ist zu perfekt und genau das weiß hier sehr zu schätzen.

Die Geschichte ansich ist nicht besonders spannungsgeladen. Allerdings empfinde ich das hier nicht als Nachteil, eher im Gegenteil. Man wird nicht durch das Buch gehetzt, sondern kann Charaktere, Schreibstil und die besondere Geschichte auf sich wirken lassen und genießen. Das Buch ist zum Teil wirklich harter Tobak und da braucht man als Leser auch hin und wieder Zeit um sich zu erholen ;) Das Ende empfand ich als sehr passend und es rundet das Buch perfekt ab.

Warum also keine 5 Sterne? Nun, zum einen mag es wohl daran liegen, dass ich zuvor wirklich ein glückliches Händlichen bei meiner Buchauswahl hatte und das Buch hier vielleicht nicht ganz mithalten konnte. Das Buch hat mir sehr gut gefallen und ich werde es auf jeden Fall weiter empfehlen und vermutlich sogar noch einmal lesen. Trotzdem hat mir etwas gefehlt. Was das genau dieses "etwas" war, kann ich leider nicht sagen.

Fazit: Ein sehr gutes Debüt von einer tollen Autorin die ich definitiv weiter im Auge behalten werde!
Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass das Buch keineswegs für zwischendurch oder zum "schnell mal eben" lesen ist. Man benötigt Zeit und vor allem Ruhe.