Rezension

Toll, informativ, unterhaltsam. Spannende Persönlichkeiten und ihre Geschichten

Neugier und Übermut - Ulrich Wickert

Neugier und Übermut
von Ulrich Wickert

Bewertet mit 5 Sternen

Überblick über 40-Jahre Arbeit und Leben als Journalist. Spannende Persönlichkeiten und ihre Geschichten. Hat mir sehr gut gefallen. Eine klare Empfehlung!

Hörbuch(2012), 25 Kapitel, Spieldauer ca. 186 Min., gelesen von Ulrich Wickert.

Ulrich Wickert erzählt in seinem Buch „Neugier und Übermut. Von Menschen, die ich traf“ über die bekannten Persönlichkeiten aus der Gesellschaft und Politik, die er in seiner Laufbahn als Journalist kennengelernt hat. Es fängt 1968 und der Geschichte an, wie sich Ulrich Wickert, damals Jura Student in Bonn, Zugang zum Presseball verschafft und mit Werner Fink, dem damals sehr bekannten Kabarettisten persönliche Bekanntschaft gemacht hat. Über Finks Arbeit in Kriegszeiten spricht er in weiteren Kapiteln.

Kap. 4 „Neugier als Lebensinhalt“ spielt im Jahr 1968, darin erklärt Ulrick Wickert, dass er nie Journalist werden wollte, aber bereits mit einem Hörfunkfeature sein erstes gutes Geld verdient hat. Seine Freunde rieten ihm, zum Fernsehen zu gehen, was Wickert auch tat und schon jettete er in der Zeitgeschichte und wirkte bei diversen internationalen Projekten mit.

Kap. 6 spielt im Jahr 1975. „Die politische Auseinandersetzung war in den siebzieger Jahren war sehr viel härter und unversöhnlicher als heute, ja, manchmal auch voller Feindschaft und Hass. Und sie wurde auch innerhalb der Fernsehanstalt mit Verve geführt, denn die CDU ging damals davon aus, dass sie die Bundestagswahl nur wegen der Berichterstattung der kritischen Journalisten des Linksfunks verloren hat. Damals wurden leitende Posten in den Sendern weitgehend nach Parteiproporz besetzt.“, schreibt Wickert. DA geht es weiter um die Innenpolitik in Deutschland.

„Washington, Paris, New York mit Abstechern nach China“ waren die Stationen von Ulrich Wickert in seinen Zeiten als Auslandskorrespondent.  Er erzählt über seine Begegnungen mit bekannten Persönlichkeiten wie Maryl Streep, Woody Allen, Arthur Miller, über seine spannende Zeit in Paris, auch Geschichten über den Käsehändler um die Ecke, bei dem auch Katherine Deneuve und Madame Mitterand geduldig in der Schlange warteten, etc.

Im Kap. 10 „Der Bruder des Kaisers von China“ geht es um ebendiesen Bruder, über den Ulrick Wickert einen Doku drehen wollte. Er traf den fragilen Mann einige Male und erfuhr einige interessante Details über die Chinesische Geschichte und die Kaiserbrüder, die er den Lesern/Hörern nun gut aufbereitet präsentiert.

Kap. 11. „Maos Feldchirurg aus Düsseldorf“ ist nicht nur interessant, es erzählt über einen Mann namens Hans Müller, der als Rheinländer in China zu großer Anerkennung als Arzt gebracht hat.

Kap. 15. Auch Wickerts Überlegungen zu Neugier, was sie für ihn bedeutet und welche Konsequenzen sie für ihn gehabt hat, sind lesens- bzw. hörenswert.

Im Kap. 18. „Hans-Dietrich-Genscher und der fehlende Fisch“ geht es im Wesentlichen um das Treffen von Genscher mit Schewardnadse im 1989. Eine schöne Geschichte, die auf diese Persönlichkeiten und die politischen Verhältnisse der damaligen Zeit einen ungewohnten wie bereichernden Blick ermöglicht.

Auch in weiteren paar Kapiteln geht es um Hans-Dietrich-Genscher und seinem Wirken auf dem internationalen politischen Parkett, insb. im Verhältnis zu Frankreich und seine Rolle in der deutschen Wiedervereinigung.

Kap. 21 „Mit Günther Grass in Peking. Schnarchen in der Oper.“ China im Jahr 1979. Ulrich Wickert interviewt Günther Grass in Peking, da er dort eine Doku über China dreht. Auch im Kap. 23 und 24 geht es um Grass, diesmal über sein Buch „Beim Häuten der Zwiebel“ und seinem umstrittenen Gedicht „Was gesagt werden muss“. Jahrelange Freundschaft von Ulrich Wickert mit Günther Grass erlaubt ebenfalls spannende Details und Einsichten, die man aus anderen Quellen kaum erfahren kann. Auch Wickerts Überlegungen zur Rolle des Journalismus, zu der Art der Berichterstattung, zum Umgang mit Tabufragen im Denken und Schreiben, und was dies in der Öffentlichkeit bewirkt, haben mir sehr zugesagt.

Das Kap. 25 schließt das Buch mit dem Fazit, was die Neugier und Übermut (dies in seiner eigenen Interpretation) bewirkt und im Leben  von Ulrich Wickert gebracht haben. U.a. sagt er, er wollte in seinen Büchern über Frankreich zum Ausdruck bringen, nicht nur dass Franzosen anders sind, sondern auch warum sie anders sind.

Fazit: Insgesamt geht es schon viel um die politischen und gesellschaftlichen Geschehnisse. Ulrich Wickert hat sie gekonnt und pointiert präsentiert. Man bekommt nicht nur über vierzig Jahre des Lebenswegs von Ulrich Wickert mit, sondern viel mehr von den Menschen, die er traf und von ihren spannenden Geschichten. Kraft der ungewöhnlichen und bisher unbekannten Einsichten und Darstellungen bildet man sich beim Hören des Buches weiter, erhält gute Anstöße zum Nachdenken und fühlt sich dabei gut unterhalten. Mit ging es jedenfalls so. Ich habe mich gefreut, Ulrich Wickert als eine facettenreiche Persönlichkeit, einen spannenden Autor und Journalisten kennenzulernen. Auch weitere seiner Werke stehen auf meiner Liste.