Rezension

Über den guten Geschmack

Kochen im falschen Jahrhundert -

Kochen im falschen Jahrhundert
von Teresa Präauer

Bewertet mit 4 Sternen

Eine Dinnerparty, die Gastgeberin hat gekocht, die Gäste sind der Einladung gefolgt und reihen sich um den dänischen Esstisch. Es herrscht Vorfreude auf die Quiche Lorraine, die erste Flasche Crémant leert sich schnell, man diskutiert angeregt über die Erscheinungen der Gegenwart, untermalt von Jazz-Melodien. Teresa Präauer zeichnet mit "Kochen im falschen Jahrhundert" mit feinen Pinselstrichen ein soziologisches Kammerspiel, dem auch sprachlich ein Spiel mit den "feinen Unterschieden" ganz wunderbar gelingt.

In gut situierten Abendgesellschaft drückt sich nicht nur ein Wunsch nach Gemeinschaft und Unterhaltung aus, vielmehr wird der damit einhergehende Selbstentwurf von der Autorin aufs Korn genommen. Die Wahl des Essens, der Musik, der Wohnungseinrichtung, der Gesprächsthemen - all das soll auch ausdrücken, wer man ist (und wer eben nicht) und welch hervorragender Geschmack die eigenen kulturellen und kulinarischen Entscheidungen kennzeichnet.

Der Autorin gelingt eine psychologisch präzise Milieustudie, die trotz der Bezüge zu Soziologie & Bourdieu kein bisschen technisch erscheint, sondern leicht und unterhaltsam ironisch daherkommt. Die Erzählform ist dabei abwechslungsreicher als die Handlung selbst, was kein Kritikpunkt sein soll. Die Vase von Alvar Aalto, das Geschirrtuch aus Kopenhagen, ein mühsam erarbeitetes Inventar des (ach so individuellen) persönlichen Ausdrucks, den Teresa Präauer hier durch kleine Irritationen in Frage stellt. Ein Buch zum Schmunzeln und Ertapptfühlen, eine kleine Wunderlampe für den Zeitgeist, den ich mit diesem Buch zu gerne in einigen Jahrzehnten wiederentdecken würde.