Rezension

Über Heimlichkeiten und Geheimnisse

Der Glasgarten
von Christa Hein

Bewertet mit 3 Sternen

~~Erst, nachdem ihre Mutter gestorben ist, erfährt Julie, dass sie eine Halbschwester namens Florence hat. Außerdem erbt sie ein Cottage an der französischen Nordatlantikküste. Julie versucht ihre Schwester ausfindig zu machen, doch gestaltet sich als sehr schwierig. Es scheint fast so, als wenn Florence keinen Kontakt wünscht. Auch ihre Verwandtschaft ist Julie keine große Hilfe, ihre Fragen werden nur ausweichend beantwortet, oder man hüllt sich in Schweigen. Erst, als Julie sich auf den Weg nach Frankreich macht, um das Cottage in Augenschein zu nehmen, gelingt es ihr, nach und nach ein Familiengeheimnis nach dem anderen zu lüften und auch ihre Schwester zu finden. Wird sich ihr Leben dadurch verändern?
Christa Hein hat mit ihrem Buch „Der Glasgarten“ einen ansprechenden Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist detailliert, dabei fast poetisch zu nennen, dabei flüssig zu lesen. Die Autorin versteht es, mit ihren Worten atmosphärische Bilder zu malen, die im Kopf des Lesers zum Leben erweckt werden. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr gelungen, so dass man sich alles wunderbar vorstellen kann. Die Charaktere sind dafür leider recht einfach skizziert, der Leser findet so nur sehr schwer Zugang zur Gefühls- und Gedankenwelt der einzelnen Personen und kann zuweilen wenig Verständnis für deren Handeln aufbringen. Julie ist eine eher ruhigere Frau, die sich ihre Träume verwehrt und sich mit dem Zweitbesten zufrieden gibt. Sie wirkt emotionslos, entwickelt sich zwar etwas im Laufe der Geschichte, jedoch bleibt sie bis zum Schluss als Hauptprotagonistin leider recht farblos. Deshalb fällt es auch schwer, sich mehr auf die Handlung einzulassen und mit zu fiebern, bis die Geheimnisse entschlüsselt sind. Auch die Handlung selbst ist recht verworren und nur schwer auseinander zu dividieren. Anstatt ein Geheimnis nach dem anderen zu entwirren, türmen sich diese alle auf einmal auf, um am Ende nur zum Teil gelüftet zu werden. Durch die vielen Personen, die einen Platz im Geschehen haben, wird der Leser immer mehr verwirrt. Ein Personenverzeichnis wäre hier hilfreich gewesen.
Alles in allem ist „Der Glasgarten“ ein ambitionierter Roman, der leider zu viele Fragen offen und trotz seiner malerischen und poetischen Sprache die Emotionen vermissen lässt. Die Handlung wäre weitaus spannender und gewesen, wenn die Protagonistin mehr Gefühl zum Ausdruck gebracht hätte. So bleibt sie dem Leser einfach nur fremd und der Roman nicht lange im Gedächtnis, was angesichts der eigentlich interessanten Geschichte und der wunderschönen Sprache der Autorin sehr schade ist. Eine eingeschränkte Leseempfehlung für dieses Buch.