Rezension

Unglaublich berührendes Buch

Der Zug der Waisen
von Christina Baker Kline

Dieses Buch, welches ein Stück vergessener oder wenig bekannter amerikanischer Geschichte erzählt, ist unglaublich ergreifend geschrieben und lässt uns an zwei Schicksalen teilnehmen, die zwar knapp 80 Jahre trennen und doch so viel gemein haben.

Zunächst einmal besticht das Cover des Buches durch sein schlichtes Motiv, welches doch so viel ausdrückt. Durch die Fotographie in Grautönen bekommt das Motiv, welches an sich recht fröhlich aussieht einen für mich eher melancholischen Unterton, der sehr gut zum Inhalt des Buches passt.

Besonders gefallen hat mir, dass das Buch in zwei Zeiten geschrieben ist. In der einen "Zeitspur", die 1929 beginnt, lernen wir ein junges irisches Mädchen, Niamh, kennen, welches als Auswanderin mit ihrer Familie nach Amerika kam. Durch verschiedene Umstände steht sie plötzlich als Waise da und wird von der "Children's Aid Society" aufgenommen und in einen der sogenannten "Orphan Trains" gesteckt, den Waisenzügen, die Waisenkinder aus New York ins Landesinnere bringen, wo sie neue Familien finden sollen. Doch nicht alle Familien behandeln ihre Ziehkinder gut, manche sehen in ihnen billige Arbeitskräfte. Leider findet Niamh es weniger gut an und muss sich schon bald ihren eigenen Weg suchen.

Die andere Zeitspur spielt im Jahre 2011, also sozusagen in der Gegenwart. Hier lernen wir Molly kennen, ein junges Mädchen das "sozusagen" Waise ist: Der Vater ist gestorben, die Mutter - unfähig sich um ihre Tochter zu kümmern - im Gefängnis. So wandert Molly von einer Pflegefamilie zur nächsten. Als sie eines Tages in der Bibliothek ein Buch stiehlt wird sie zur Strafe zu Sozialstunden verpflichtet, welche sie bei Vivian, einer 90 Jahre alten Dame ableistet. Bald schon kommen die beiden ins Gespräch und man lernt immer mehr über die beiden kennnen.

Besonders gefallen hat mir an diesem Roman die schöne Sprache, sowie die schöne Verknüpfung der beiden Zeitlinien, die sich im Laufe des Buches immer deutlicher herauskristallisiert. Es ist sicher kein Roman den man einfach mal so zwischendurch lesen sollte, denn er regt immer wieder zum Nachdenken an und hat neben sehr anrührenden Momenten auch Situationen aufzubieten, bei denen man am liebsten weinen würde bzw. den hilflosen Zorn der Protagonistin gut nachvollziehen kann. Noch lange nachdem ich das Buch beendet hatte, hat mich die Handlung immer noch stark berührt und lies mich das Buch nicht so schnell vergessen.

Alles in allem muss ich sagen, dass dieses Buch wirklich schön geschrieben ist, mit einem Thema, das eben mal nicht leicht ist, sondern das zum Nachdenken und Verweilen einlädt. Trotzdem liest es sich flüssig und man mag es kaum aus der Hand legen. Für mich ein absolutes Lesehighlight.