Rezension

Unmenschlich und überraschend

Unmensch - Sönke Hansen

Unmensch
von Sönke Hansen

Bewertet mit 3 Sternen

Mark Dorn ist Extremjournalist. Er traut sich an die Themen heran, die anderen zu heftig sind. Sein letztes Projekt hat ihm Alles abverlangt. Er infiltrierte eine Teufelssekte und wäre dabei fast draufgegangen. Seiner Familie war dies zuviel und so ertränkt Mark seinen Kummer nun in Alkohol und versucht so zu vergessen, dass seine Frau ihn mit seiner Tochter verlassen hat. Zudem zeigt sich ihm kein neues Projekt auf, an dem er arbeiten könnte – bis er Gerrit begegnet. Gerrit hat vor Kurzem das Morden für sich entdeckt und Mark wittert eine neue Story. Selbst sein bester Freund Kim kann ihn nicht davon abhalten mit Gerrit zusammen auf Jagd zu gehen und so sind auch bald Marks Hände blutbefleckt.

Sönke Hansen ist ein Nachwuchsautor mit Wurzeln aus dem Hohen Norden Deutschlands, der sich bisher hauptsächlich im Bereich Horror bewegt hat. Mit “Unmensch” präsentiert er nun seinen ersten Thriller, der es in sich hat.

In einem äußerst rasanten Erzähltempo taucht der Leser in die Welt von Mark Dorn ab. Aus dem anfänglich allgegenwärtigen Alkoholnebel heraus lernen wir den Protagonisten näher kennen und erfahren von den Gründen seines Absturzes. Hansen versteht es hier immer genau die richtige Menge an Informationen herauszurücken, ohne dass man die Spannung und das Fragen nach dem Hintergrund der Figur verliert. Mark Dorn ist ein Charakter, mit dem man sich gut identifizieren kann. Ein Typ wie du und ich, der sich durch sein Tun aus der Masse herauszuheben versucht und dadurch das verloren hat, was ihm am meisten bedeutet.

Dennoch hetzt die Geschichte etwas von einem Punkt zum nächsten. Mark wird zwar ausgebaut, aber durch den schnellen Erzählstil fiel es mir etwas schwer eine wirkliche Verbundenheit zum Charakter aufzubauen. Dies verliert der Roman leider über seine ganze Länge nicht.

Etwa in der Mitte des Buches gibt es dann eine Wendung, die ich so absolut nicht erwartet hätte. Ich würde mich als Vielleserin bezeichnen und ich hab in den letzten 25 Jahren schon so einige Bücher eingeatmet. Es passiert daher eher selten, dass mich ein Buch überraschen kann – “Unmensch” konnte dies. Ein absoluter Pluspunkt und ein Geniestreich, den man erstmal nachmachen soll.
Nach diesem Wendepunkt nimmt die Geschichte eine völlig andere Richtung ein, in gewohnt rasanter Erzählmanier. Ich hatte hier durchaus das Gefühl, dass Sönke Hansen weiß, wovon er hier redet, was mir auch sehr gut gefallen hat.

Das Buch steuert dann auf ein sehr blutiges Ende hinzu, welches durchaus auch aus einem Film hätte stammen können. Generell schont Hansen seine Leser nicht, weshalb man beim Lesen keine schwachen Nerven zeigen sollte. Man begleitet Gerrit bei diversen Morden, die schon sehr detailliert und heftig beschrieben werden. Zudem reizt Hansen den Leser mit Selbstjustiz, da Gerrit ausschließlich Kriminelle quält und tötet. Wer hat sich nicht schonmal gewünscht einem Pädophilen würde genau das passieren, was er Kindern angetan hat?

“Unmensch” ist ein untypischer, sehr schnell und rasant erzählter Thriller über Selbstjustiz, die Lust an Mord und Quälerei und Extremjournalismus, aber auch noch über ganz viel mehr, was aus Gründen der Spoilerfreiheit hier nicht genannt werden wird. Sönke Hansen sollte man definitiv im Blick behalten. Ein Nachwuchsautor mit Talent und Ideen, der zu unterhalten weiß.